Borderline: Komplementärstörung abhängige (dependente) PS

Die abhängige Persönlichkeitsstörung (auch dependente  oder asthenische Persönlichkeitsstörung genannt) ist die am häufigsten vorkommende Komplementärstörung zur Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Abhängige Persönlichkeiten zeigen ein überschätztes Bedürfnis nach Liebe und Zugehörigkeit. Sie suchen ständig die Bestätigung durch andere und leiden unter intensiver Trennungsangst. Dies zur Folge stellen sie eigenständige Impulse zurück, vermeiden Konflikte und eigene Entscheidungen. Dependente Persönlichkeiten wollen geliebt und gebraucht werden woraus ein übersteigerter Wunsch nach Aufopferung für andere entsteht. Sie empfinden sich selbst nur dann als Liebenswert, wenn sie für andere da sein können. Dominante und autoritäre Persönlichkeiten ziehen sie an, denn sie sind schnell bereit, sich den Wünschen und Erwartungen anderer zu fügen. Wie brave Kinder hoffen sie auf den Schutz derer, denen sie das Feld überlassen. Es entsteht das Bild „ich werde geliebt wenn ich nur selbst viel genug Liebe gebe.“ Dabei wird diese Liebe als aktiv-passive Unterwerfung regelrecht aufgedrängt.

Borderline - abhängige (dependente) PS
Borderline – abhängige (dependente) PS

Die Ursache der Abhängigkeit beginnt in der Kindheit. Dort wurde darauf verzichtet eigene Erfahrungen zu sammeln. In der Regel haben dominante Eltern dies zielgerichtet unterbunden. Statt eigene Möglichkeiten auszutesten und an Erfolgen ebenso zu wachsen wie am Scheitern, verzichtet er auf neue Erfahrungen überhaupt, geht auf Nummer sicher, versucht sich pedantisch an Regeln und gesellschaftliche Ordnung zu halten und geniest das Gefühl der Sicherheit. Dadurch entsteht ein Unvermögen selbstständig Freude am Leben zu empfinden, die im Laufe der Zeit immer größer wird und den Abhängigen in seiner Abhängigkeit bestätigt. Der abhängige Mensch sucht sich gerne einen Partner, der für ihn Entscheidungen trifft. Solange dieser Partner sein Wohl bedenkt, kann der Abhängige ein zufriedenes Leben führen, ohne auf eigene Bedürfnisse zu achten. Beachtet der Partner das Wohl des Abhängigen aber nicht mehr, ist hilfloses Unglück vorprogrammiert. In Trennungen reagiert der Abhängige wütend, denn er hat ja alles dafür getan die Beziehung aufrecht zu erhalten. Er fühlt sich verraten, enttäuscht und bemüht sich noch viel mehr um den Partner um seine Abhängigkeit zu befriedigen.

 

Gemeinsamkeiten zu Borderline:

–      Die intensive Angst davor Verlassen zu werden.

Hier zeichnet sich der Abhängige jedoch durch seine Passivität aus. Seine Angst wird zu Trauer. Es entsteht eine Hilfsbedürftigkeit und er versucht sie damit zu kompensieren das er noch mehr für den Partner da sein will. Der Borderliner versucht hier mehr aktiv, durch Manipulation, Projektion und projektiver Identifikation das Verlassenwerden zu verhindern.

–      Das Fehlen des eigenen Ichs

Dependente haben eine Konstanz in ihrem Selbstbild, das sich beständig durch Selbstabwertung zeigt (ich bin nur wert geliebt zu werden wenn ich mich bemühe).Das Fehlende Ich bezieht sich hierbei darauf das ein Betroffener sich nur als Wertvoll empfindet wenn er für andere da sein darf. Beim Borderliner fehlt diese Konstanz, er ist eher sprunghaft und wechselt zwischen Selbstüberschätzung und Selbstabwertung auf der Suche nach sich selbst.

–      Das Bedürfnis Schuld bei Scheitern bei anderen zu suchen.

Auch hier zeichnet sich der Dependente durch seine Passivität aus. Er nimmt die Schuld zwar beim Gegenüber war, doch hat er keinen Antrieb dies zu verändern. Vielmehr verweilt er in der Trauer die dieses Gefühl auslöst (niemand liebt mich, alle sind gegen mich!). Borderliner gehen aktiv gegen so eine vermeintliche Bedrohung vor.

–      Der Wunsch nach intensiver Verbindung (Symbiose)

Beide sind auf der Suche nach einer intensiven symbiotischen Verbindung, doch während der Dependente dieses Bedürfnis beständig konstant erlebt, unterliegt der Borderliner einer widersprüchlichen Nähe-Distanz Problematik.

 

Warum passt die Kombination Abhängige Persönlichkeitsstörung – Borderline auf den ersten Blick so gut zusammen?

Das Zauberwort heißt Kollusion:

KOLLUSION: Man geht davon aus, dass Paare sich unbewusst auf bestimmte neurotische Interaktionen „einigen“, um sich gegenseitig vor dem Bewusstwerden und der Konfrontation mit unbewältigten Grundkonflikten zu schützen. Dabei finden sich oft komplementäre Rollenverteilungen, z.B. :“Wenn du so schwach bist, darf ich so stark sein“. Auf diese Weise stellen die Partner auch sicher, dass sie sich gegenseitig ihre zentralen neurotischen Beziehungswünsche erfüllen.

Quelle: Borderline-Spiegel.de

Bedingt durch den Mechanismus des Spaltens kommt eine Borderline-Persönlichkeit aus ihrer Sicht immer aus einer gescheiterten Beziehung in der sie massiv gelitten hat. Der Ex-Partner, so denken sie, war böse und hatte nur den Wunsch sie zu verletzen. Der Dependente fühlt sich in diesem Moment in der Pflicht sich um den Borderliner zu kümmern. Er will das Vertrauen wieder herstellen, will dem scheinbar hilfsbedürftigen Borderliner beistehen und er will alles unternehmen das es ihm gut geht. Das ist das Muster des Dependenten, er geht in der Rolle des Retters vollkommen auf, während der Borderliner im ersten Moment die Aufmerksamkeit und das Verständnis geniest das der Dependente mehr als bereitwillig gibt. So entsteht schnell eine enge Verbindung in der beide Seiten das perfekte Nutzobjekt ihrer Bedürfnisse finden.

Die Dependente Persönlichkeit brennt geradezu darauf die Bedürfnisse des Borderliners zu befriedigen. Die sprunghafte Art des Borderliners und die ständig wechselnden Stimmungen erträgt der Abhängige zu Beginn der Beziehung geradezu heroisch stoisch. Auch wenn der Dependente unter diesem Auf und Ab leidet fühlt er sich in seiner Meinung bestätigt, das der Borderliner in seinem Leben viel Leid erlebt hat und nur viel Liebe braucht um gerettet zu werden. Etwas das der Dependente im Überfluss bieten kann.

Zu Beginn der Beziehung leben beide Seiten glücklich zusammen. Sie können ihre Verlustängste durch die Symbiose kompensieren, da der Borderliner in der Idealisierung alles macht um die starke Verbindung zu erhalten und der Dependente in diesem Wunsch die notwendige Konstanz spiegelt. Der Borderliner muss in dieser Beziehung keine Angst vor Kontrollverlust haben, da der Dependente sich bereitwillig unterwirft und dem Partner die Kontrolle überlässt. Genau das ist aber auch einer der Faktoren warum diese Beziehung nicht auf Dauer erhalten werden kann.

Da der Dependente nicht fähig ist Grenzen zu setzen ist er den Stimmungsschwankungen der Borderline-Persönlichkeit hoffnungslos ausgeliefert, bis der Leidensdruck zu groß wird. Wenn er dieses Leid äußert und dem Borderliner Schuld vermittelt löst dies die Spaltungsmechanismen des Borderliners aus. Die Idealisierung schwindet und die Symbiose ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. Dies löst beim Dependenten Partner Verlustängste aus, die ihn zwingen seine Bemühungen zu lieben und zu retten zu verstärken. Der Borderliner fühlt sich von der Zuwendung des Gegenübers erdrückt, die intensive Nähe löst Ängste und Fluchtreflexe aus, was letztendlich zur Trennung führt.

Die gegenseitig aktivierten Muster verstärken sich nun noch, da der Dependente unter der Trennung leidet und flehend versucht die Beziehung, die er dringend benötigt, zu erhalten, während der Borderliner, bedingt durch die Abwertung, dieses Verhalten abstoßend und bedrohend findet. Je intensiver sich der Dependente um den Borderliner bemüht, umso mehr entfernt er sich.

Da der Dependente im Wunsch nach Nähe konstant ist, der Borderliner jedoch schwankend ist, kommt es immer wieder zum Wechselspiel zwischen Annäherung und Abwehr unter der beide leiden. Auch wenn die Trennungen den Dependenten schmerzen ist er nur allzu gern bereit den Borderliner wieder aufzunehmen wenn sich die Möglichkeit bietet. Es entsteht eine klassische „on/off-Beziehung“ die über mehrere Jahre Bestand haben kann, bis es schließlich zur Endgültigen Trennung kommt.

Am Ende der Beziehung entsteht beim Dependenten Wut und Verzweiflung, denn obwohl er so viel Liebe und Verständnis gegeben hat und alles für den Partner getan hat wurde er verlassen, vielleicht sogar betrogen. Der Borderliner hingegen fühlte sich von den Dependenten unter Druck gesetzt, erdrückt und es herrscht das Gefühl der Partner wolle einem die Eigenständigkeit rauben. Während der Dependente nur noch fähig war in einem „WIR“ zu denken, wechselte der Borderliner im Verlauf der Beziehung ständig zwischen „WIR“ und „ICH“. Dieses „Ich“ empfand der Dependente jedoch als egoistisches Denken und als Bedrohung der Beziehung.

 

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Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie: Dependente Persönlichkeitsstörung Abhängige, asthenische Persönlichkeit