Borderline? – Was ist das?

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (abgekürzt BPS) gehört zur Gruppe der emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen. Es handelt sich um eine Krankheit, die sich durch Impulsivität und Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, Stimmung und Selbstbild gekennzeichnet.

Der Name Borderline ( engl. für Grenzlinie) ist dabei etwas verwirrend und wurde Ende der 30iger Jahre von dem amerikanischen Psychoanalytiker William Louis Stern eingeführt. Er charakterisierte damit psychische Beeinträchtigungen, die zwischen Neurose und Psychose schwanken. Der Name Borderlinestörung bezeichnete also ursprünglich eine bestimmte Gruppe von Störungen an der Grenze zwischen Neurose und Psychose.
Später wurde erkannt, dass diese Störungen in ihrer Gesamtheit zu sehen ist. Der Begriff Borderline hat somit seine damlige Bedeutung verloren, wurde aber trotzdem beibehalten. Heute gelten Borderlinestörungen als eigenständiges Krankheitsbild und können wesentlich besser diagnostiziert werden.

Es wurden neun typische Haupt-Merkmale festgelegt:

Dr. Birger Dulz, Chefarzt der Abteilung für Persönlichkeitsstörungen und Trauma in der Asklepios Klinik Nord – Hamburg Ochsenzoll erklärt die Borderline Persönlichkeitsstörung gut in folgendem Video:

Unabhängig von den typischen Symptomen treten aber meist noch andere Symptome auf, zum Beispiel:

  • Depressionen
  • Suchtverhalten
  • Realitätsverlust / Derealisation
  • Verlust des Persönlichkeitsgefühls / Depersonalisation
  • Ängste
  • Hysterie
  • typisches Schwarz-Weiss-Denken
  • Zwänge und Rituale
  • psychosomatische Symptome
  • Angriffe zur Prävention vor Verletztwerden
  • Gefühlsstörungen
  • gestörtes Sozialverhalten
  • Essstörungen
  • Kontaktarmut – Abbruch von Kontakten

Borderliner weisen in folgenden Lebensbereichen erhebliche Probleme auf:

1. Störungen der Emotionsregulation:

  • Stimmungsschwankungen
  • Schwierigkeiten, Gefühle zu steuern

2. Störungen des Denkens:

  • Dissoziationen (Verzerrung von Zeit-, Raum- und Körperwahrnehmung)
  • Flashbacks (Wiedererleben von traumatischen Erinnerungen)
  • Pseudohalluzinationen (Illusionen, die als Täuschung erkannt werden)
  • Paranoides Denken (Gefühl, verfolgt zu werden)
  • Negative Grundannahmen (schlechte Meinung von sich selbst haben)

3. Störungen der Identität:

  • Gefühle von Unsicherheit, Fremdheit und Ekel im Umgang mit sich selbst und dem eigenen Körper
  • Das Gefühl, „anders“ zu sein, als alle anderen
  • Unsicherheit bezüglich Zukunftszielen, der eigenen Meinung, wichtiger Entscheidungen und Alltagsentscheidungen.

4. Störungen im zwischenmenschlichen Bereich:

  • Intensive und instabile Beziehungen
  • Ein Wechsel zwischen Idealisierung und Abwertung
  • Schwierigkeiten, allein zu sein
  • Angst davor, verlassen zu werden und Angst vor Nähe

5. Störungen auf der Verhaltensebene:

  • Impulsive und potentiell selbstschädigende Verhaltensweisen
  • Hochrisikoverhalten

 

Die gesicherte Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, sowie aller sonstigen psychischen Störungen, können nur Fachärzte oder Therapeuten stellen. Wenn man sich in den oben genannten Punkten wiederfindet sollte man dies unbedingt z.B. in einem therapeutischen Gespräch abklären. Psychiatrische Diagnosen können nicht eben mal gestellt werden. Dafür sind zuverlässige Tests und spezifische diagnostische Kriterien notwendig.

 

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Gefühl der Zerissenheit

Borderline: Zerissenheit
Borderline: Zerissenheit

Stell Dir vor Du hast unheimliche Lust auf Schokolade, weißt aber auch das Du Schokolade auf den Tod nicht ausstehen kannst. Ein Widerspruch und deswegen nicht möglich? So etwas erleben Borderliner jeden Tag. Ein Gefühl der Zerrissenheit das kaum auszuhalten ist. Besonders macht es sich in Beziehungen bemerkbar. Dem Wunsch nach inniger Nähe (Symbiose), steht die wahrgenommene Gewissheit gegenüber, diese Nähe nicht ertragen zu können.

Dieses Gefühlschaos ist nach Außen sehr gut zu erkennen. Einerseits versucht der Borderliner Nähe herzustellen und sucht extrem den Kontakt, nur um dann kalt und emotionslos zu reagieren. Was auf den ersten Blick wie ein grausames Spiel auf Kosten des Partners aussieht, ist in Wirklichkeit pure Verzweiflung und  der Versuch die echten Bedürfnisse zu befriedigen, oder sich selbst zu schützen.

Was das Dilemma noch vervollständigt ist, dass der Partner in dieser Situation nichts – und damit meine ich wirklich nichts, unternehmen kann um den Betroffenen zu helfen. Egal wie darauf reagiert wird, werden bei der Borderline-Persönlichkeit Muster aktiviert. Wenn man seinem Wunsch nach Nähe nachkommt fühlt er sich schnell eingeengt und verschlungen, was eine Panik in ihm auslöst. Wenn man seinen Wunsch auf Distanz jedoch respektiert kommt es zu Verlassens Ängsten und das der Partner sich nicht bemühen will.Eine Lösung aus diesem Dilemma gibt es nicht wirklich. Diese Zerrissenheit wird einen Borderliner ewig begleiten. Man kann jedoch lernen mit diesen Situationen besser umzugehen. Radikales Akzeptieren (aus dem DBT-Programm) ist dafür der Schlüssel. Man akzeptiert dass diese chaotisch gegensätzlichen Gefühle zur selben Zeit da sein können. Anstatt sich nun dagegen zu wehren und sich zu Entscheidungen zu zwingen, nimmt man die Situation an wie sie ist und vertraut darauf dass sich diese Not wieder auflöst. Wenn man nämlich nüchtern auf ähnliche Situationen zurück schaut, geht auch diese Zerrissenheit vorbei. Hinderlich dafür ist jedoch meist die Impulsivität des Betroffenen der sich selbst zu einer schnellen Lösung zwingt. Als Partner bleibt einem in diesem Fall nichts anderes übrig als die Situation ebenfalls auszuhalten und mit Verständnis auf diese Widersprüchlichkeit zu reagieren.

 

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Borderline nach ICD10 und DSM IV

Die Abkürzung ICD steht für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“. Die Ziffer 10 bezeichnet deren 10. Revision. Diese Klassifikation wurde von der Weltgesundheitsorganisation  – WHO erstellt. In Deutschland sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen laut § 295 Absatz 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Abrechnung ärztlicher Leistungen) verpflichtet, Diagnosen nach ICD-10 GM zu verschlüsseln. Verbindlich für die Verschlüsselung in Deutschland ist die ICD-10-GM Version 2011.

F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung nach ICD10

Eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden. Zwei Erscheinungsformen können unterschieden werden: Ein impulsiver Typus, vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle; und ein Borderline- Typus, zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.

F60.30 impulsiver Typus

Die wesentlichen Charakterzüge sind emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle. Ausbrüche von gewalttätigem und bedrohlichem Verhalten sind häufig, vor allem bei Kritik durch andere.

Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen, darunter 2.:

  • deutliche Tendenz unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln;
  • deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden;
  • Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens;
  • Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden;
  • unbeständige und unberechenbare Stimmung.

F60.31 Borderline Typus

Einige Kennzeichen emotionaler Instabilität sind vorhanden, zusätzlich sind oft das eigene Selbstbild, Ziele und „innere Präferenzen“ (einschließlich der sexuellen) unklar und gestört. Meist besteht ein chronisches Gefühl innerer Leere. Die Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen kann zu wiederholten emotionalen Krisen führen mit übermäßigen Anstrengungen, nicht verlassen zu werden, und mit Suiziddrohungen oder selbstschädigenden Handlungen (diese können auch ohne deutliche Auslöser vorkommen

Mindestens drei der oben unter F60.30 B. erwähnten Kriterien müssen vorliegen und zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen:

  • Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren Präferenzen“ (einschließlich sexueller);
  • Neigung sich in intensive aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen;
  • übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden;
  • wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung;
  • anhaltende Gefühle von Leere.

 

Borderline nach DSM IV

Von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) spricht man, wenn die betroffene Person unter einem „tiefgreifenden Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Gefühlen sowie unter deutlicher Impulsivität“ leidet.
Bei einer BPS müssen 5 der nachfolgenden Kriterien vorhanden sein:

1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. z.B. klammerndes Verhalten, Suizidandrohungen

2. Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist . Eine Person wird nur als „gut“ gesehen und entsprechend idealisiert. Dieselbe Person kann nach kurzer Zeit aus unterschiedlichen Gründen abgrundtief gehaßt werden, alle vorher festgestellten guten Eigenschaften sind vergessen.

3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. Ein Borderliner kann sich nicht selbst definieren. Es gibt Borderliner, die sich als Mensch definieren können, aber eine sehr gestörte Identität in Bezug auf ihr eigenes Geschlecht aufweisen, indem sie z.B. ihren eigenen Körper verachten. Sie verfügen auch in der Regel über kein stabiles Selbstbild und neigen zu extremen Minderwertigkeitsgefühlen. Sie glauben nicht an ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten und suchen deshalb immer wieder in ihrem Umfeld nach Bestätigung.

4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (außer Selbstverletzungen oder Suiziddrohungen). Drogenmißbrauch, riskantes Fahrverhalten, Tablettenmißbrauch, häufig wechselnde Sexualpartner ohne Rücksicht auf Infektionsrisiken etc.

5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. Neben Selbstmordversuchen sind Selbstverletzungen (SVV) bei Borderlinern sehr häufig anzutreffen. Viele fügen sich Schnittverletzungen hauptsächlich an den Armen zu.

6. Stark wechselhafte Stimmung. Mehrmalige grundlose Stimmungsschwankungen am Tag sind möglich, vom Hochgefühl bis hin zur Depression.

7. Chronische Gefühle der Leere. Viele Borderliner fühlen sich regelrecht wie Zombies. Sie haben keine spürbaren Empfindungen und fühlen sich selbst leblos.

8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren. Dies beschreibt Zustände von extrem starken Wutausbrüchen und aggressivem Verhalten, das in keinem Verhältnis zu der momentanen Situation steht.

9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome. In belastenden Situationen können sich Borderliner verfolgt fühlen oder den Eindruck haben, daß sie jemand zerstören will. Auch können sie das Gefühl haben, sich von ihrem Körper zu entfernen, das Umfeld wird nur noch sehr fern und dumpf wahrgenommen. Diese Symptome verschwinden, wenn die Situation als nicht mehr bedrohlich oder belastend empfunden wird.

 

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