Komorbidität bei Borderline

Die Borderline Persönlichkeitsstörung hat, wie die meisten Persönlichkeitsstörungen, eine sehr hohe Komorbiditätsrate. Borderline kommt selten (bis gar nicht) alleine vor. Mit der „Emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline“ wird in der Regel mindestens eine weitere, häufig mehrere, komorbide Störung diagnostiziert. Die durch Empirie am meisten festgestellten Komorbiditäten sind:

 

Entscheidend ist, dass bei der Behandlung das Vorliegen anderer Erkrankungen mit berücksichtigt wird, da diese den Therapieerfolg entscheidend beeinflussen können. So kann es zum Beispiel beim Vorhandensein einer schweren Abhängigkeitserkrankung wichtig sein, als erstes die Suchtproblematik zu behandeln, auch wenn sie vielleicht (nur) die Folge der Primärstörung ist.

Das gleichzeitige Vorkommen von körperlichen und psychischen Erkrankungen kann zu schlechteren Behandlungsergebnissen führen und verschlechtert nachweislich die Prognose der jeweils einzelnen Erkrankungen.

Das Komorbiditätsmodell ist, besonders im Bezug auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung, umstritten. Die Komorbiditätsraten weichen in verschiedenen Studien stark voneinander ab. Das hängt damit zusammen, dass viele Symptome der möglichen Begleiterkrankungen für Borderliner so charakteristisch sind, dass viele Experten sie nicht als eigenständige, zusätzliche Erkrankungen sehen, sondern eher als zusätzliches Symptom. Einige Experten bevorzugen deshalb den Begriff „Kosymptomatik“ (Dulz, Schneider). Dies gilt insbesondere für Drogenabhängigkeit, Essstörungen, Depressionen und psychotischen Symptome (Birger Dulz und Angela Schneider, 2004, S. 58). Auch Angststörungen fallen unter diese charakteristischen Begleiterkrankungen, da die frei-flottierende-Angst typisch für Borderliner ist.

Andere Experten glauben wiederum deutliche Unterschiede in den Symptomen erkennen zu können, die eine klare Abgrenzung zwischen Borderline-typisch und abgrenzbare zusätzliche Erkrankung ermöglichen. So kann ein Borderliner zum Beispiel auch andere Angststörungen aufweisen, die nicht im direkten Zusammenhang mit der Borderline Persönlichkeitsstörung stehen. Ähnlich ist es bei der „Major-Depression“.

Dafür spricht, dass nicht jeder Betroffene Suchtkrank ist, an Depressionen leidet oder eine Essstörung aufweisen muss. Da manche Störungen jedoch so häufig zusammen mit Borderline zusammen auftreten, könnte sich der Begriff der Kosymptomatik durchaus durchsetzen, ohne zusätzliche Komorbiditäten auszuschließen.

Was sie noch interessieren könnte:

Borderline – Was ist das?

Wie entsteht eine Borderline Persönlichkeitsstörung?

Borderline: Statistik, Fakten und Zahlen.

Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Prof. Dr. Faust: Die Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS)

Dr. Birger Dulz: Wut oder Angst – welcher Affekt ist bei Borderline-Störungen der zentrale?

Borderline und ADHS

Die Abkürzung ADHS Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, im Volksmund auch ADS genannt für Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit und ohne Hyperaktivität.

ADHS ist eine ernst zu nehmende Störung und ist mittlerweile die am häufigsten diagnostizierte psychiatrische Störung im Kindes- und Jugendalter. Man geht von ca. 3-10% von ADHS-Betroffenen mit oder ohne Hyperaktivität aus.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen daraufhin, dass es sich bei ADHS um eine Funktionsstörung im Stirnhirnbereich und einiger Stammganglien handelt. Spezialuntersuchungen haben gezeigt, dass bei ADHS-Kindern das Stirnhirn weniger oder kaum Glucoseverbrauch zeigt (Unterfunktion der Arbeitsintensität). Die Funktionsstörung beruht auf der Ebene der Neurotransmitter (Botenstoffe z.B. Dopamin, Noradrenalin, Serotonin), die entscheiden, ob der Betroffene hypo- oder hyperaktiv ist. (wörtlich zitiert aus: ADHS Deutschland e.V.)

ADHS kommt selten allein.

65% von ADHS-Erkrankten erfüllen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung. Erwachsene ADHS´ler  zeigen dabei am häufigsten (ca. 30%) Anzeichen einer Clusters-B Persönlichkeitsstörung (Barkley et al., 2008).

Mehr als auffallend häufig kommt die Antisoziale Persönlichkeitsstörung (auch Dissoziale PS oder veraltert auch Psychopathie genannt) als Komorbidität vor. Bis zu 25% der ADHS-Erkrankten leiden auch an dieser Störung (Quellen: Manuzza, 1997 und Biederman, 2004. J Clin Psychiatry)

Da sich die Symptome von Borderline und ADHS in vielen Punkten zu gleichen scheinen wird angenommen, dass viele ADHS-Betroffene fälschlicherweise eine Borderline-Diagnose aufweisen. Andersrum kommt dies seltener vor. Problematisch ist diese Fehldiagnose vor allem deswegen, da die Behandlungen der beiden Störungen äußerst unterschiedlich ist. Vor allem wenn Medikamente verabreicht werden ist dies gefährlich. (Quelle: Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie )

Geschätzte 15% aller ADHSler erfüllen Kriterien einer Borderline-PS, ähnlich hoch ist die Prävalenz einer ADHS bei Patienten mit Borderline-PS (Philipsen et al., 2008)

Um eine bessere Differenzialdiagnose für ADHS zu ermöglichen wird es in der geplanten Revision von DSM V (2013) und ICD11 (2015) zu deutlichen Änderungen der Diagnosekriterien kommen. (Quelle: Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy)

Wie erwähnt gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Borderline und ADHS. Im folgenden sind das:

  • Aufmerksamkeitsprobleme
  • Probleme in der Affektregulation
  • Probleme der Impulskontrolle
  • Substanzmissbrauch
  • Gestörte Beziehungsgestaltung
  • Geringes Selbstwertgefühl
  • aversive Spannungsgefühle

 Es gibt jedoch deutliche Unterschiede zwischen Borderline und ADHS, was eine Differenzialdiagnose (Unterschiedliche Diagnose) möglich macht:

Der ADHS-Erkrankte weißt zusätzlich noch folgende Symptome auf:

  • Das für ADHS charakteristische Aufmerksamkeitsdefizit.
  • Desorganisation
  • Hyperaktivität

Borderliner weisen diese Symptome meist nicht auf, es sei denn es liegt ADHS als Komorbidität vor.

Dafür leiden Borderliner noch an folgenden Symptomen die wiederum ADHS-Betroffene nicht aufweisen:

  • Selbstschädigendes, Selbstdestruktives Verhalten
  • Eine Hohe Suizidität (sowohl Ausführung als auch Androhung)
  • Eine deutlich wahrnehmbar gestörte Identität (Fehlendes ICH).

 Neurobiologisch/Psychopathologisch sind die Unterschiede noch deutlicher:

bei Borderlinern:

  • Störungen innerhalb des fronto-limbischen Netzwerks.
  • vermehrte Amygdalaaktivität.
  • verminderte präfrontale Hemmung
  • strukturelle ZNS-Veränderungen

bei ADHS:

  • Störungen in fronto-subkortikalen Systemen
  • Volumenreduktion im frontalen Kortex, Kleinhirn
  • Störungen der dopaminergen und serotonergen Signalübertragung

(Quelle: Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy)

Da ich bei ADHS nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann stammen die Ausführungen auf dieser Seite aus Recherchen und Fachliteratur. Bei widersprüchlichen Aussagen habe ich die am häufigsten vertretene Meinung verwendet. Um zu zeigen, dass die genannten Aussagen nicht von mir stammen, habe ich sie mit der jeweiligen Quellangabe versehen.

Da ich wie erwähnt wenig über ADHS weiß, verzichte ich auch auf eine Beschreibung wie sich die Störung als Komplementärstörung mit Borderline verhält, auch wenn ich sie, vollständigkeitshalber unter den Komplementärstörungen aufnehme. Es ist kein Anspruch keine eigenen Vermutungen als Fakten auszugeben.

 

Was sie noch interessieren könnte:

Borderline Komplementärstörungen

Borderline – Komorbidität

Warum habe ich mich ausgerechnet in einen Borderliner verliebt?

Borderline und Beziehung

Abwehrmechanismen von Borderlinern

Symbiose – Ein Leben durch andere

Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)

Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy: ADHS im Erwachsenenalter und Borderline PS

ADHS Deutschland e.V.