Wie entsteht eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?

Studien lassen derzeit die Vermutung zu, dass viele Einflussfaktoren auf komplexe Weise miteinander interagieren und so die Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung beeinflussen.

Borderline: Ursachen - Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten
Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten

Breite Übereinstimmung besteht bei der Behauptung, dass die wesentlichen Grundsteine schon in der frühsten Kindheit gelegt werden. Man bezeichnet diese Einflüsse häufig als Umweltfaktoren. Dieser Begriff ist sehr weitläufig und kann traumatisierende Ereignisse als auch psychosoziale Komponenten beinhalten.

Verschiedene Forscher ziehen zusätzlich eine erbliche genetische Veranlagung als zusätzliche Ursache in Betracht. Zwillingsstudien lassen vermuten, dass es einen starken Einfluss der Gene gibt. Bislang gibt es jedoch diesbezüglich noch keine gesicherten Ergebnisse.

Borderline: Ursachen - genetische Veranlagung
Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Als Wahrscheinlich gilt, dass die Neigung zu schwankenden Emotionen, einem instabilen Selbstbild und wechselhaften zwischenmenschlichen Affekten genetisch vererbt wird, was im Zusammenwirken mit ungünstigen Umweltbedingungen zur Ausprägung der Borderline-Persönlichkeitsstörung führen kann.

Auch pränatale Einflussfaktoren rücken immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Die derzeitige Meinung, dass es sich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung um eine Krankheit handelt die durch die Wechselwirkung verschiedener Einflüsse wie:

Borderline: Ursachen - neurobiologische Faktoren
Borderline: Ursachen – neurobiologische Faktoren

entsteht, gilt immer mehr als wahrscheinlich. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass für gewöhnlich die psychosozialen Faktoren mit den Umweltfaktoren zusammengefasst werden und die neurobiologischen Faktoren (wie z.B. pränatale Programmierung) bisher noch nicht die große Aufmerksamkeit finden. Zur genetischen Veranlagung gibt es noch keine repräsentativen Ergebnisse.

Die Forschung wird diesbezüglich noch einige neue Erkenntnisse bringen. Da sich Borderline relativ individuell bei den Betroffenen zeigt wird das Krankheitsbild in Zukunft vielleicht sogar weiter aufgeteilt. Derzeit gibt es diesbezüglich jedoch keinerlei mir bekannter Bestrebungen.

 

 

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Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren oder psychosoziale Komponenten

Borderline: Ursachen - Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten
Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten

Ungünstige Umweltbedingungen im Kindesalter spielen bei der Entstehung von Borderline eine entscheidende Rolle.

Studien belegen das bis zu 80% der Betroffenen frühe Traumatisierung erlebt haben.

An biographisch relevanten psychosozialen Belastungsfaktoren lassen sich sexuelle Gewalterfahrungen (ca. 70%), körperliche Gewalterfahrungen (ca. 60%) und Vernachlässigung (ca. 40%) identifizieren (Quelle: State of Arts 2011/2012, Zanarini 2000).

Neuere Studien mit einem kontrollierten prospektiven Design zeigen, dass wiederholte reale traumatische Beziehungserfahrungen in der Kindheit die Entwicklung von Borderline-Persönlichkeitszügen bis zu einer Persönlichkeitsstörung hervorrufen können.

Dazu zählt:

  • Erfahrungen von physischer und emotionaler Misshandlungen
  • Vernachlässigung
  • häufigem Wechsel von Bezugspersonen
  • Zeuge sein von drastischer Gewalt in der Familie
  • Trennung oder Scheidung der Eltern

Wenn ein Kind von seinen, für die Entwicklung dringend benötigten, Bezugspersonen misshandelt wird, oder der Schutz vor erschütternde Erlebnisse, die sie nicht bewältigen können, ausbleibt, kann dies zu einer kumulativen Traumatisierung führen. Dies gilt auch wenn wiederholt wesentliche Selbst-Objekt-Bedürfnisse des Kindes missachtet werden. Ein Kind ist in seiner Entwicklung auf seine Bezugspersonen angewiesen. Durch den Kontrast von Geborgenheit und erlebter Misshandlung oder Vernachlässigung prägt sich beim Kind auf ewig eine widersprüchliche Denkweise ein. Diese traumatischen Erfahrungen werden verinnerlicht und durch die dissoziative Verarbeitung entstehen strukturelle Entwicklungsdefizite mit dysfunktionalen Anpassungen.

Es ist nicht einmal erforderlich das sie selbst Opfer von Gewalt werden. Es ist vollkommend ausreichend wenn sie den negativen Erfahrungen in ihrer Umwelt ausgesetzt sind. So können sich z.B. ständige Ehekrisen und impulsive Streitszenen innerhalb der Familie, eine frühe Trennung der Eltern oder Suchtverhalten eines Elternteils (z.B. Alkohol oder Drogen) begünstigend für die Ausprägung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auswirken.Selbiges gilt, wenn das Kind keine Verbindung zu ihren Bezugspersonen aufbauen kann, z.B. durch lange Phasen des Alleinseins.

Häufig werden sich Borderline-Betroffene erst in therapeutischer Behandlung ihrer traumatischen Kindheitserlebnisse bewusst, da sie durch verschiedene Abwehrmechanismen das Geschehene aus ihrem Bewusstsein verbannt haben.

In diesem Punkt gleicht Borderline der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Es gibt sogar Experten die in Borderline eine chronische, oder komplexe PTBS sehen.

Beide Patientengruppen können in der Kindheit missbraucht worden sein oder haben ein anderes Trauma erlitten. Das waghalsige, impulsive verhalten, das typisch ist für Borderline, lässt die Betroffenen anfälliger werden für gefährliche Situationen, die traumatisch enden können.

Die Symptome einer von PTBS betroffenen Person kreisen um ein spezielles Trauma. Typisch für dieses Syndrom ist es, dass Patient die traumatische Situation wieder und wieder durchlebt und periodisch auftretende Alpträume hat.
Die Symptome von Borderlinern sind gewöhnlich unterschiedlicher und weniger stark mit einem bestimmten Trauma verbunden.

 

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Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Die meisten Experten gehen inzwischen davon aus das genetische Veranlagung bei der Entstehung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung eine entscheidende Rolle spielen kann.

Borderline: Ursachen - genetische Veranlagung
Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Da der BPS jedoch bisher kein bestimmtes Gen zugeordnet werden kann und dies nach heutigem Stand vermutlich auch nie der Fall sein wird, ist eine gesicherte Zuordnung zwischen genetischen Faktoren und einer späteren Borderline-Störung derzeit nicht gegeben.

Anhand von Zwillingsstudien wurde versucht Rückschlüsse auf eine genetische Veranlagung zu bilden. Die beste derzeit vorliegende Zwillingsstudie (Distel et al 2009) zeigt eine 46% Varianz bei genetischen Faktoren. Allerdings zeigt die Studie lediglich eine Tendenz in Richtung Borderline-Features. Das heißt sie zeigt eine Tendenz eine gestörte Affektregulierungsstörung zu entwickeln. (Quelle: State of the Art 2011/2012)

Die Studie zeigt allerdings auch, dass die Varianz innerhalb der Familie, das sogenannte „Shared Environment“ bei nur 5% liegt. Die Varianz beim „Non-shared Environment“(Schule und Umfeld) ist mit 50% deutlich höher. Das bedeutet der Auslöser eine Affektregulierungsstörung zu entwickeln ist eher darin zu sehen, dass Kinder mit ihren gleichaltrigen Mitmenschen nicht zurecht kommen und deswegen eine Affektregulierungsstörung entwickeln.

Das Problem bei Zwillingsstudien:

Um eine gesicherte genetische Komponente nachweisen zu können ist es erforderlich gezielt Zwillinge zu untersuchen, die nicht bei ihren eigenen Eltern aufwachsen.
Taucht bei getrennten Zwillingen ein Borderline-Syndrom auf, so könnte dies ein Hinweis auf eine genetisch bedingte Veranlagung sein.

Es wird mittlerweile davon ausgegangen das bestimmte Persönlichkeitszüge bereits vor der Geburt entstehen. Besonders hervorzuheben ist dabei das Temperament. Dies muss aber nicht zwangsläufig mit einer genetischen Vererbung zu tun haben.

Gängige Meinung ist derzeit, dass genetische Faktoren das Entstehen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung negativ beeinflussen kann, jedoch nicht zwingend Voraussetzung dafür ist. Es gibt genügend Borderline-Betroffene deren Verwandten 1.Grades weder eine Borderline-Störung, noch Borderline-Strukturen aufweisen. Die 46% der oben genannten Studie weißt also nur auf eine evtl. vorhandene Häufung hin.

 „Die bisherigen Zwillingsstudien waren nicht auf die Identifikation von Gen-UmgebungsInteraktionen ausgerichtet. Die für die Fragestellung besonders sensitiven Adoptionsstudien zur Borderline-Persönlichkeitsstörung fehlen ebenso. In den publizierten Zwillingsstudien wirkt sich das Zusammenspiel von Gen und Umgebung in der Ausprägung der Umgebungskomponente aus – und zwar in der nichtgemeinschaftlichen, personenspezifischen Umgebungskomponente. Zu beachten ist, dass sich in keiner Zwillingsstudie eine Gen-Umgebungs-Interaktion findet, ohne dass daraus ein Fehlen eines Zusammenspiels von Gen – und Umgebungsfaktoren abgeleitet werden könnte.“ (Dulz – Herpertz-Kernberg-Sachsse – Handbuch der Borderline-Störung)

 

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Borderline: Ursachen – Neurobiologische Faktoren

Durch immer besser werdende Untersuchungstechniken lassen sich auch neurobiologische Gesichtspunkte nicht bestreiten. Bei Betroffenen, zeigen sich schon im Kindesalter Zeichen einer „minimal brain dysfunction“, das heißt leichte neurologische Auffälligkeiten, Allgemeinveränderungen im EEG, Verhaltensauffälligkeiten und morphologische Veränderungen im frontalen Kortex. Die verschiedenen empirischen Untersuchungen sind jedoch bisher noch wenig konsistent.

Borderline: Ursachen - neurobiologische Faktoren
Borderline: Ursachen – neurobiologische Faktoren

Der Grund warum eine genaue Untersuchung so schwierig ist besteht darin, dass bei Borderlinern nicht einzelne Regionen Funktionsstörungen aufweisen, sondern neuronale Netzwerke wie z.B. Beispiel der thalamo-amygdalo-kortikale Regelkreis davon betroffen sind. ( Quelle: Fleischhaker, Schulz, Borderline-Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter 2011)Wenn man nach einer evtl. vorhandenen Beteiligung neurobiologischer Faktoren als eine Ursache für die Entstehung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sucht, ist es entscheidend herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt der kindlichen Entwicklung die Netzwerke funktionell und strukturell verändert wurden.

Kinder, die während der Schwangerschaft einer übermäßigen Menge an Stresshormonen (Glucocorticoiden) ausgesetzt waren, weisen nachweislich ein erhöhtes Risiko auf, als Erwachsener schwerwiegende Krankheiten zu entwickeln. Es steigt auch das Risiko psychische Störungen zu entwickeln. Diesen Mechanismus bezeichnet man als „pränatale Programmierung“ (Quelle: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz).

An der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz wird derzeit im Verbund mit  Kooperationspartnern ein Screening auf relevante prä-, peri- und postnatale Einflussfaktoren durchgeführt. Mit dieser Studie soll vorrangig der Fragestellung nachgegangen werden, ob neben der Traumatisierung in der Kindheit auch pränatale Stressoren einen Einfluss auf die Entstehung des Störungsbildes oder dessen Schweregrad haben und ob diese in Zusammenhang mit einer veränderten Cortisolsekretion zu sehen sind.

 

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Uni-medizin Mainz: Prä-, peri- und postnatale Traumatisierung bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung