Strategien gegen Trennungsschmerz

Borderline: Strategien gegen Trennungsschmerz
Borderline: Strategien gegen Trennungsschmerz

Es gibt verschiedene Strategien gegen Trennungsschmerz und zum verarbeiten gescheiterter Borderline-Beziehungen. Da eine Beziehung eine sehr individuelle Angelegenheit ist und es weder den typischen Borderliner noch den typischen Angehörigen gibt, muss man seinen eigenen Weg finden mit seinem Schmerz umzugehen. Die unten aufgeführten Möglichkeiten haben sich bei verschiedenen Angehörigen bewährt. Es gibt sicherlich noch mehr Möglichkeiten mit Trennungen umzugehen, die ich vielleicht noch nicht kenne. Es gibt im Internet noch viele andere erfolgsversprechende Lösungen.

Die Null Kontakt-Strategie gegen Trennungsschmerz:

Die Betrachtung der Liebesbeziehung als süchtiges Verhalten.

Die Null-Kontakt-Strategie wird am häufigsten von Selbsthilfeforen und Experten als Strategie gegen Trennungsschmerz empfohlen. Muss deswegen jedoch nicht die sinnvollste Strategie sein. Sie ist durchaus effektiv, verursacht jedoch auch viel Schmerz.

Da man sich in Borderline-Beziehungen und der damit verbundenen, symbiotischen Verbindung sehr leicht selbst verliert, betrachtet man sich selbst bei dieser Trennungs-Strategie als süchtig nach der Beziehung. Durch die Trennung fühlt man sich wie ein Drogensüchtiger auf Entzug.

Wenn ein Süchtiger seine Sucht bekämpfen will, ist der erste und wichtigste Schritt, sich von der Droge zu befreien. Bei einer Beziehungssucht bedeutet das, ich muss jede Verbindung zum Betroffenen kappen. Wichtig ist alles, was einen an den Borderliner erinnert zu entfernen. Ebenso muss es unterbunden werden, dass es zu weiteren Kontakt mit ihm kommt. Dies kann erreicht werden indem man alle Kontaktdaten löscht, sich selbst neue Telefonnummern anschafft um auf Kontaktversuche des Betroffenen nicht mehr zu reagieren.

Dies wird anfangs sehr schwer fallen, doch wie bei jeder Sucht werden die Entzugserscheinungen mit der Zeit abnehmen.

Die Gefahr in dieser Strategie ist: Durch den heftigen Kontaktabbruch lässt man sein Gegenüber so schmerzhaft alleine, dass in ihm erst recht der Wunsch nach Kontaktaufnahme um sich zu erklären/rechtfertigen entsteht. Es kann also zu einer vermehrten Aufmerksamkeit durch den Borderliner kommen, obwohl man genau das Gegenteil erreichen will.

Zentrale Botschaft dieser Strategie ist: „Jeder Kontakt zum geliebten Borderliner ist verboten und schädlich. Wer auf Entzug ist, sollte sich von seiner berauschenden Droge fernhalten.“

Die kognitive Lösungs-Strategie gegen Trennungsschmerz:

Die rationale Erkenntnis, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung es den Partner unmöglich macht, mit dem Betroffenen, eine glückliche Beziehung zu führen.

Wenn wir uns in einen Menschen verlieben, werden in uns eigene Wünsche und Bedürfnisse erweckt. Wir träumen von einer gemeinsamen Zukunft, suchen im Gegenüber Verständnis, Nähe und Beständigkeit. Alles dies war jedoch in der Beziehung mit dem Borderliner nicht vorhanden.

Bei der kognitiven Lösungs-Strategie wird versucht sich mit der Borderline-Störung intensiv auseinander zu setzen. Dabei ist es wichtig die Auseinandersetzung von einer möglichst neutralen Warte aus zu betrachten. Es geht erst mal nicht um den geliebten Partner, sondern darum die Borderline-Persönlichkeitsstörung zu verstehen. Wie macht sich die Krankheit bemerkbar? Welchen Mechanismen sind Borderlinern unterworfen?

Je mehr man über die Borderline-Störung weiß, wird man erkennen, dass diese Störung eine Beziehung, wie man es sich von einem Partner wünscht, nicht möglich macht. Man wird erkennen, dass eine kurzfristige Lösung für die Probleme, die zum Scheitern der Beziehung führten, nicht möglich ist und man als Angehöriger/Partner an dieser Situation nichts ändern kann.

Durch dieses Verständnis ist es möglich den geliebten Betroffenen als Menschen zu sehen der zwar weiterhin liebenswert ist, aber dessen Krankheit es unmöglich macht eine glückliche Beziehung mit ihm zu führen.

Die Gefahr bei dieser Strategie ist, dass man es nicht einsehen will machtlos gegen diese Störung zu sein. Das man an einer Retterrolle festhalten will.

Zentrale Botschaft dieser Strategie ist: „Ich liebe mein Gegenüber als Menschen immer noch, aber eine Fortführung der Liebesbeziehung würde für beide Seiten nur unnötig Schmerz bedeuten.“

Die Anti-Idealisierungs -Strategie gegen Trennungsschmerz:

Gezielte Änderung des Idealbildes das man von der geliebten Person hat.

Wenn man verliebt ist, neigt man dazu, das Gegenüber als etwas Größeres, Besonderes wahrzunehmen als es eigentlich sein sollte. Wir stellen die geliebte Person auf einen Sockel und beten sie abgöttisch an. Die positiven Eigenschaften überwiegen in unserem Bewusstsein, wir idealisieren.  Genau das macht ein Borderliner im Übrigen in der danach benannten Idealisierungsphase ebenfalls.

Auf die Phase der Idealisierung folgt beim Borderliner häufig der Abwehrmechanismus Spaltung. Dies erreicht er, indem er sich die negativen Eigenschaften des Partners bewusst macht. In seiner Wahrnehmung besteht der Partner nun nur noch ausschließlich als „bösen“ Eigenschaften.

In der Anti-Idealisierungs-Strategie greift man auf genau diesen Mechanismus zurück. Borderliner haben darauf keinen Monopolanspruch. Während Borderliner diesem Abwehrmechanismus jedoch meist unbewusst und automatisch unterworfen sind, kann ein Angehöriger/Partner dies bewusst herbei führen.

Ziel dieser Strategie ist es sich der negativen Eigenschaften der Betroffenen bewusst zu machen und sich an die Schmerzen zu erinnern, die ihr Verhalten in einem selbst ausgelöst haben. Machen sie sich diesen Schmerz bewusst und machen sie sich klar, dass dies sicher nicht das ist, was sie von einer glücklichen Liebesbeziehung wünschen. Auf diese Weise können sie sich von der idealisierten Wahrnehmung des geliebten Menschen lösen.

Die Gefahr bei dieser Strategie ist: Man verliert sich leicht in Hass auf sein Gegenüber. Hass ist eine fast ebenso starke Emotion wie Liebe und bindet mindestens ebenso stark, was kontraproduktiv ist. Ziel ist es ja Loslassen zu können.

Zentrale Botschaft dieser Strategie ist:  „Es gibt wenig Liebenswertes in meinem Gegenüber und eine Fortführung der Beziehung bedeutet nur unnötigen Schmerz für mich!“

Die Scheibchenweise-Lösungs-Strategie gegen Trennungsschmerz:

Das langsame Auslaufenlassen der Beziehung durch sanfte Entwöhnung.

Diese Strategie kann dann sinnvoll sein wenn eine klare Trennung, bedingt durch äußere Umstände nicht möglich ist (z.B. bei gemeinsamen Kindern).

Bei dieser Strategie gibt es keinen klaren Schnitt in der Beziehung, sondern man distanziert sich langsam von seinem Gegenüber. Man trifft sich nicht mehr, unternimmt keine gemeinsamen Aktivitäten mehr, geht sich jedoch auch nicht aus dem Weg. Man telefoniert vielleicht miteinander, spricht wichtige Dinge ab, aber versucht die emotionale Verbindung dabei so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört das man auf Liebesbekundungen wie „Ich liebe dich!“ oder „ich vermisse dich!“ verzichtet und ignoriert wenn sie einem entgegen gebracht werden. Wenn es zu emotionalen Momenten kommt, löst man sich aus der Situation. Wenn zum Beispiel ein Streit entsteht, sagt man: „So mag ich nicht weiter reden, ich beende für heute das Gespräch!“, steht jedoch weiteren, wohlwollenden Kontakt offen gegenüber.

Man erzählt sich alles was man erzählen will, lässt den geliebten Menschen weiter an seinem Leben teilhaben, verzichtet jedoch darauf die Beziehung als Liebesbeziehung fortzuführen. Diese Strategie ist mit einem Borderliner nur sehr schwer durchführbar, doch man ist dem Gegenüber weitaus weniger ausgeliefert als man glaubt.

Die Gefahr bei dieser Strategie ist: Man fällt leicht wieder in alte Muster zurück, da man die Vertrautheit der Verbindung noch sehr intensiv in sich trägt. Diese Strategie erfordert viel Selbstdisziplin und Willen.

Zentrale Botschaft dieser Strategie ist: „Mein Gegenüber bleibt eine wichtige Person in meinem Leben, aber eine Liebesbeziehung wünsche ich nicht mehr!“

Die radikales Akzeptieren-Strategie gegen Trennungsschmerz:

Das radikale Akzeptieren das die Liebesbeziehung zu Ende ist.

Diese Strategie ist vielleicht die vernünftigste und gesündeste für einen selbst. Doch ist sie auch sehr schwer umzusetzen und setzt ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und Abgrenzungsfähigkeit voraus.

Zurückblickend kann man die Beziehung als etwas „Schönes“ betrachten, oder als einen wichtigen Abschnitt im Leben der im „Hier und Jetzt“ vorüber ist. Durch das radikale Akzeptieren, das im Übrigen auch ein Modul im DBT-Programm der dialektisch behavioralen Therapie ist, akzeptiere ich das Ende der Beziehung als Tatsache, die nicht zu ändern ist. Man lässt die Emotionen und schönen Erinnerungen in der Vergangenheit und richtet seine Aufmerksamkeit auf die Gegenwart. Es gab Gründe warum die Beziehung kaputt gegangen ist und diese Gründe lässt man im Raum stehen, ohne Analysen und Rechtfertigungen zu suchen, warum sie vielleicht nicht richtig sind. Man akzeptiert zusätzlich, dass man diese Gründe nicht beseitigen kann und versucht sie nicht in richtig oder falsch zu werten, oder sich selbst oder anderen zuzuschreiben. Durch diese Betrachtung richtet man seine Aufmerksamkeit nach vorne. Vielleicht sucht man sich eine Aufgabe, oder trifft sich mit Menschen mit denen man gerne zusammen ist. Die Aufmerksamkeit liegt nur in der Gegenwart. Gedanken an Vergangenes oder Zukünftiges sind nicht zielführend und werden deswegen bei Seite geschoben. Nur in der Gegenwart ist und bleibt man handlungsfähig.

Die Gefahr bei dieser Strategie ist: Radikales Akzeptieren ist für Menschen die sich bisher nie mit dieser Technik auseinander gesetzt haben sehr schwer umsetzbar und erfordert ein wenig Übung, ist dann jedoch in allen Lebensbereichen eine wirkungsvolle Hilfe.

Zentrale Botschaft dieser Strategie ist: „Es ist wie es ist! Ich bewerte nicht mehr sondern akzeptiere, dass etwas das schön war auch ein Ende finden kann!“

 

 

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Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Suzana Pavic: Borderline-Beratung

Borderline-Spiegel: Spiegeln in einer Beziehung

Borderline-Spiegel: Der Schmerz

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