Nach einer Studie (Zanarini et al., 1998b) leiden ca 53% der an Borderline erkrankten Menschen auch an einer Essstörung. Die Dunkelziffer ist vermutlich noch wesentlich höher. Ich habe in meinen Klinikaufenthalten und den Gruppen die ich besuchte, noch keinen Borderliner getroffen der nicht zumindest ein gestörtes Essverhalten aufgewiesen hat. Essstörungen sind damit neben Depressionen die am häufigsten auftretende Komorbidität.
Nahrungsaufnahme ist ein Grundbedürfnis, das unser Überleben sichern soll. Dies ist der Hauptzweck des Essens. Durch Essen und schlafen sichern wir unseren Energiehaushalt.
In unserer heutigen Überflussgesellschaft ist Essen jedoch wesentlich mehr. Essen ist Ausdruck der Persönlichkeit und kulturelles Gut. Der im Sprachgebrauch gängige Satz „Liebe geht durch den Magen“ oder der Begriff „Kummerspeck“ zeigt, wie stark das Essen zudem mit unseren Gefühlen verbunden ist.
Bei Essstörungen ist das Essverhalten gestört. Aber ein gestörtes Essverhalten (allein) muss noch nicht auf eine Essstörung hinweisen. Der Übergang von auffällig zu krankhaft ist fließend. Wenn die Verweigerung von Nahrung, oder zügellose Essattacken jedoch zum wichtigsten Mittel wird um Stress und Kummer zu bewältigen, wenn Essen zur Lösung seelischer Probleme oder als Ausweg, Flucht oder Ersatz für verdrängte Gefühle und Bedürfnisse funktionalisiert wird, hat man in der Regel ein ernstzunehmendes, psychisches Problem.
Maßgebliche Ursachen von Essstörungen sind die Folgen des in der Gesellschaft so bedeutsam gewordenen Schlankheitsideals sowie individuelle Faktoren. Risikofaktoren für Essstörungen sind ein geringes Selbstwertgefühl und eine gestörte Körperwahrnehmung.
„Magersüchtige essen zu wenig“, „Übergewichtige essen zu viel“. Das sind einige der gängigen Vorurteile, die essgestörten Menschen entgegengebracht werden. So einfach funktioniert das ganze jedoch nicht. An einer Essstörung zu leiden bedeutet, unter einer psychosomatischen Erkrankung mit Suchtcharakter zu leiden. Essstörungen können einen verzweifelten Lösungsversuch darstellen mit seelischem Druck zurecht zu kommen. Bei Borderlinern kann es sich zudem, z.B. bei Nahrungsverweigerung, um Selbstbestrafung oder Selbstschädigens Verhalten handeln.
Es sind viele verschiedene Formen von Essstörungen bekannt. Die am meisten verbreiteten und bekanntesten sind:
Alle Essstörungen haben eines gemeinsam:
- Das Essen ist keine Selbstverständlichkeit mehr, die sich nach Hunger und Appetit richtet, sondern geht mit dauernder Planung und Überlegung einher.
- Das Essen erzeugt Gefühle von Scham und Schuld.
- Der gestörte Umgang mit dem Essen erzeugt Folgeerkrankungen und Begleiterscheinungen, die sich negativ auf die Lebensführung des/der Betroffenen auswirken, wie Depressionen, sozialer Rückzug oder körperliche Einschränkungen.
Das stände Gedankenkreisen um Essen oder Nichtessen bestimmen mit Fortschreiten der Essstörung immer mehr den Tagesablauf. Diese suchtartige Fixierung hat nicht nur Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Betroffenen, sondern führt häufig auch zu schweren körperlichen Erkrankungen die bleibende Schäden verursachen können. Essstörungen können auch tötlich Enden, darum sollte man sie durchaus ernst nehmen. Ein gestörtes Essverhalten allein ist noch keine Krankheit. Aber es kann auf eine Essstörung hinweisen. Deshalb sollte man bei Auffälligkeiten, wachsam zu sein und bei Verdacht einen Arzt, Psychologen oder Therapeuten aufsuchen. Die Diagnose „Essstörung“ können nur Fachleute stellen.
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Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):
Bundesfachverband Essstörungen (BFE).
Cindarella – Rat bei Essstörungen