Borderline Symbiose – Ein Leben durch andere

Betrachtet man nur einmal die Definition des Wortes:

Symbiose (von altgriechisch σύν sýn ‚zusammen‘ sowie βίος bíos ‚Leben‘)bezeichnet in Europa die Vergesellschaftung von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist.“  – Quelle: Wikipedia

… erkennt man erst einmal nur das Positive an der Verbindung. Doch wie alles im Leben hat auch die Symbiose zwei Sichtweisen.

„Die Psychoanalyse betrachtete die Symbiose zwischen Mutter und Kind als eine normale Entwicklungsphase. Im Jahr 1945 beschreibt der österreichisch-amerikanische Psychoanalytiker und Säuglingsforscher René Arpad Spitz die Symbiose in der Mutter-Kind-Beziehung, ähnlich später auch z. B. Margaret Mahler. Sie definiert den Beginn der symbiotischen Phase etwa im zweiten Lebensmonat, innerhalb der oralen Phase. In dieser Zeit ist das Kind körperlich und seelisch von der Mutter abhängig. Es erlebt sich noch als mit der Welt verbunden. Es kann noch nicht zwischen Innen und Außen unterscheiden, zwischen sich und Gegenständen, zwischen sich und der Mutter. Es erlebt die Mutter noch als Teil seiner Person, sich als untrennbare, symbiotische Einheit mit ihr. Die Mutter muss sich in die Bedürfnisse des Kindes einfühlen, um für deren Befriedigung sorgen zu können, da sie dem Kind selbst noch nicht bewusst sind. Steht die Mutter dem Kind in der symbiotischen Phase angemessen zur Verfügung, kann es das grundlegende Sicherheitsgefühl und Urvertrauen entwickeln. Diese Beziehung zwischen Mutter und Kind bildet die Grundlage für spätere Beziehungen. Die symbiotische Phase löst sich bei gelungener Entwicklung im 5. bis 6. Monat. Das Kind tritt in die anschließende Phase der Loslösung und Individuation/Selbstwerdung ein, um zu einem eigenen, von der Mutter abgetrennten Individuum zu werden.“ – Quelle: Wikipedia

Borderline - Symbiose
Borderline – Symbiose

Wenn ein Kind diese Entwicklung nicht abschließen kann, sei es weil die Bindung zur Mutter fehlt, oder weil die Abtrennung nicht stattfindet kommt es zu einer Störung in der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit. In dieser Phase werden die Wurzeln für eine spätere Persönlichkeitsstörung gelegt. Eine Borderline-Persönlichkeit bleibt hier, in der Entwicklung eines eigenen Ich´s, stehen und sucht somit ein Leben lang nach Symbiose. Borderliner haben aufgrund dieser fehlenden, frühkindlichen Entwicklung kein selbstständiges „Ich“. Alleine empfindet er sich unkomplett, was sich oft in dem Gefühl der Leere ausdrückt. Nur in Symbiose kann sich der Borderliner komplett fühlen, da ihm
die fehlenden Fragmente durch den Partner gespiegelt werden. Eine Symbiose ist die Innigste und tiefste Form einer Paarbeziehung, da man sich darin durch die fehlenden Grenzen teilweise als eine Person sieht. Es ist dadurch auch schwierig sich selbst noch als eigenes Individuum war zu nehmen, was dazu führt das man schnell in eine Art Abhängigkeit  gerät.

Ein Kind das aus der Symbiose  zur Mutter „gerissen“ wird, versucht die Symbiose zu ersetzen. Es versucht eine Symbiose zur Welt zu schaffen, mit anderen Personen oder auch Dingen. Oft zieht sich dieses Verhalten bis ins Erwachsenenalter fort. Aus Angst die Person mit der man eine symbiotische Verbindung hat zu verlieren versucht man eine Symbiose zu vielem oder allem zu schaffen. Eine andere Form der Verdrängung ist, sich in eine Imagination zu flüchten. Nüchtern betrachtet ist auch die Weltverbundenheit eine Illusion. Für den Moment kann auf diese Weise eine gewisse tiefe erreicht werden,
aber da sie eine große Oberflächlichkeit  beinhaltet und nie die tiefe einer Symbiose
erreichen kann, bleibt hinterher ein unbefriedigendes Gefühl. Betroffene versuchen diesen Mangel durch möglichst viel Kontakt mit anderen Menschen zu kompensieren. So wird eine Abhängigkeit zu einer Person durch eine Abhängigkeit durch viele ersetzt. Vorteil dieser Form ist, dass der Verlust des Partners als nicht so schwer wahr genommen wird. Auf diese Weise bleibt jedoch das Gefühl der Abgetrenntheit bestehen, auch wenn sie kurzfristig durch den oberflächlichen Kontakt  erreicht werden kann. Dies erzeugt das Gefühl alleine zu sein, auch wenn man sich unter vielen Freunden aufhält.

Borderliner haben nur in Symbiose wirklich Zugriff auf ihre Emotionen – und auch wenn es sich wie ein Widerspruch anhört, nur in Symbiose können sie ein Ego entwickeln. Es handelt sich hierbei um eine These von mir, die ich auf folgende Weise versuche zu begründen.

  • Um ein Ego zu entwickeln brauche ich Zugriff auf meine Gefühle, muss meine Bedürfnisse spüren können. Was ich nur in Symbiose kann.
  • Nur in Symbiose spüre ich Glück, Frieden, Geborgenheit  oder Freude. Alles Gefühle die man meiner Meinung nach zur Entwicklung eines Egos benötigt.
  • In Symbiose habe ich Lebensfreude und entwickel das Interesse für mich wichtige Ziele zu setzen.

Natürlich wäre es schön das alles auch alleine zu erreichen. Realistisch ist das einem
Borderliner jedoch nicht möglich, da er diesen Prozess in der Entwicklung seiner Persönlichkeit nie erreichte. Mir ist kein Betroffener bekannt der das je ändern konnte. Bestenfalls arrangieren sie sich mit diesem Mangel und akzeptieren ihre Unvollkommenheit.

Sollte man nun den Wunsch nach Symbiose unterdrücken um nicht in Abhängigkeit zu geraten? – Meine persönliche Meinung ist sich nicht dagegen zu wehren und zu akzeptieren, dass man diese Verbundenheit braucht. – Die Kunst liegt darin sich nicht in den typischen Mustern wie Idealisierung und Abspaltung zu verlieren und sich selbst als Individuum bewusst zu werden, was trotz der Verschmelzung nicht unmöglich ist.

 

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Emotionales Gedächtnis

Mit „emotionales Gedächtnis“ wird die Funktion des menschlichen Hirns bezeichnet, in der bestimmte Reize (Erinnerungen) eine Emotion hervorrufen.

Im positiven Sinne ist ein Mensch zum Beispiel dadurch in der Lage, durch betrachten von Bildern die mit schönen Erinnerungen verbunden sind, diese Gefühle erneut zu spüren.

Emotionales Gedächtnis
Emotionales Gedächtnis

Das emotionale Gedächtnis kann jedoch auch konditioniert werden und hat dann mit der tatsächlichen Situation die  dieses Bild darstellt nichts mehr zu tun. Dies ist der Fall wenn man sich zum Beispiel ein Bild anschaut, dass einen Moment des Glücks mit einem Partner zeigt und man jedoch Schmerz fühlt weil die Verbindung nicht mehr existiert.

Gerade Borderliner haben von Grund auf ein Problem an ihre Emotionen zu kommen. Deswegen funktionieren diese positiven Trigger i.d.R. nicht bei Ihnen. Im besten Fall kann der Borderliner beim betrachten von Erinnerungen sich noch ins Gedächtnis rufen, dass er in diesem Moment Glücksgefühle hatte, aber ihm fehlt die Fähigkeit diese erneut zu erleben.

Im negativen Sinne funktioniert das emotionale Gedächtnis als neurologische Grundlage der Furchtkonditionierung aus der letztendlich pathologische Angst entsteht. So verbinden wir bestimmte Reize mit Situationen in denen wir schlechte Erfahrungen gemacht haben. Der Reiz ansich muss dabei nicht wirklich mit der tatsächlichen Situation in Verbindung stehen. Reize, die so etwas in uns auslösen sind auch unter den Begriff Trigger bekannt. Ein Beispiel dafür, ein Mensch der panische Angst vor Zahnärzten hat und das Geräusch einer Kreissäge in einer Schreinerei hört bringt dieses Geräusch gerne mit dem Bohrer des Zahnarztes in Verbindung der ihm Schmerz verursachte. Die Situation und der Ort hat nichts mit dieser Erinnerung zu tun, allein das Geräusch reicht um
dieses Gefühl hervorzurufen.

Wirklich glücklich können sich Menschen schätzen die in der Lage sind auf ein unkonditioniertes emotionales Gedächtnis zurück zu greifen. Sie haben die Fähigkeit sich nicht nur schöne Erinnerungen zu bewahren, sondern auch die dazu gehörigen Gefühle erneut nachzufühlen, was die Erinnerungen deutlich aufwertet und wertvoll macht.

 

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Gefühl der Leere

Chronisches Gefühle von Leere.

Borderline: Gefühl der Leere
Borderline: Gefühl der Leere

Eben noch befand man sich in einem Gefühlschaos, war überfordert mit den Emotionen die fast minütlich wechselten. Man litt darunter, aber wenigstens fühlte man sich dadurch auch Lebendig. Man hatte Zugriff auf seine Seele, konnte sich spüren. Durch den idealisierten Partner konnte man sich die „schönen“ Gefühle, wie Liebe, Freude, Stolz, Geborgenheit spiegeln lassen und man fühlte sich damit komplett. Gerne nahm man damit auch die anderen, negativen Emotionen im Kauf die durch die damit verbundene
Verlustangst ausgelöst wurden.  Das Leben glich zwar einer Achterbahnfahrt, aber man fühlte sich wenigstens, ohne auf destruktive Mittel wie Selbstverletzung, zurück greifen zu müssen.

Wenn das Gefühl der innigen Verbindung zu einem Menschen, die sogenannte Symbiose, verschwindet, gibt es bei einem Borderliner zwei Möglichkeiten wie damit umgegangen wird. Entweder der Betroffene geht in die Abwertung und baut sich Hassgefühle gegen den Partner auf. Die Person die eben noch alles für einen bedeutete wird nur noch als Negativ wahr genommen. Man nennt es auch gern das sie von „weiß“ auf „schwarz“ wechselt. Man versteht sich selbst nicht mehr und versucht Distanz zu schaffen. Hass und Wut sind zwar
negative Emotionen, aber auch das ist letztendlich wenigstens noch etwas, wo man sich fühlen kann.

Viel schlimmer wird es wenn man in dieses berüchtigte Gefühl der Leere abgleitet. Man kann es so beschreiben das man sich selbst nicht mehr wirklich wahrnehmen kann. Man verliert jeden Bezug zu sich und zu seinem Körper. Egal was passiert man fühlt nichts mehr. Alles wo man zuvor Gefühle erleben konnte wird durch einen Zustand ersetzt der sich am besten mit „Es ist alles egal!“ erklärt werden kann. Nichts hat mehr eine Bedeutung. Egal ob gutes oder schlechtes passiert, es bewegt einen nicht mehr. So richtig ekelhaft daran ist das es auch keine Lebensfreude mehr gibt. Alles wo man Früher mit Freude bei der Sache war verliert jegliche Bedeutung. Eine wirkliche Interaktion mit anderen Menschen ist nicht mehr möglich.

Es ist schwer für gesunde Menschen sich vorzustellen wie sich diese Leere im Körper anfühlt, denn es gilt als normal das man immer Zugriff auf seine Emotion hat, doch bei einer Borderline-Persönlichkeit ist diese Leere leider ein häufig anzutreffender Zustand. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, es ist die beständigste Phase im Leben eines Borderliners.

Beispiel eines Dialoges der dieses Dilemma anschaulich erklärt:

Therapeut: „Wie geht es Ihnen heute?“

Patient: „Gut, etwas Müde!“

Therapeut: „Oh gut, dann beschreiben sie mir doch einmal…wie fühlt sich diese Müdigkeit an, wo fühlen sie sich Müde!

Der Patient versucht nun in sich zu schauen und diese Müdigkeit zu fühlen, ist jedoch nicht dazu in der Lage. Es ist als würde er auf einem weißen Blatt Papier nach einem Text suchen der dort angeblich stehen soll. Weil er unfähig ist zu Fühlen hat er das Gefühl der Müdigkeit durch seinen Verstand erklärt und deswegen entsprechend geantwortet. Da er nur wenige
Stunden geschlafen hat ging sein Verstand davon aus das er Müde sein müsste… er ist es vermutlich auch, aber er kann es nicht wahrnehmen.

Da in dieser Leere keine Freunde und somit auch keine Lust auf das Leben möglich ist, kommt es in dieser Phase vermehrt zu dysfunktionalem Verhalten wie Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten oder sogar Suizid.

 

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Gefühl der Zerissenheit

Borderline: Zerissenheit
Borderline: Zerissenheit

Stell Dir vor Du hast unheimliche Lust auf Schokolade, weißt aber auch das Du Schokolade auf den Tod nicht ausstehen kannst. Ein Widerspruch und deswegen nicht möglich? So etwas erleben Borderliner jeden Tag. Ein Gefühl der Zerrissenheit das kaum auszuhalten ist. Besonders macht es sich in Beziehungen bemerkbar. Dem Wunsch nach inniger Nähe (Symbiose), steht die wahrgenommene Gewissheit gegenüber, diese Nähe nicht ertragen zu können.

Dieses Gefühlschaos ist nach Außen sehr gut zu erkennen. Einerseits versucht der Borderliner Nähe herzustellen und sucht extrem den Kontakt, nur um dann kalt und emotionslos zu reagieren. Was auf den ersten Blick wie ein grausames Spiel auf Kosten des Partners aussieht, ist in Wirklichkeit pure Verzweiflung und  der Versuch die echten Bedürfnisse zu befriedigen, oder sich selbst zu schützen.

Was das Dilemma noch vervollständigt ist, dass der Partner in dieser Situation nichts – und damit meine ich wirklich nichts, unternehmen kann um den Betroffenen zu helfen. Egal wie darauf reagiert wird, werden bei der Borderline-Persönlichkeit Muster aktiviert. Wenn man seinem Wunsch nach Nähe nachkommt fühlt er sich schnell eingeengt und verschlungen, was eine Panik in ihm auslöst. Wenn man seinen Wunsch auf Distanz jedoch respektiert kommt es zu Verlassens Ängsten und das der Partner sich nicht bemühen will.Eine Lösung aus diesem Dilemma gibt es nicht wirklich. Diese Zerrissenheit wird einen Borderliner ewig begleiten. Man kann jedoch lernen mit diesen Situationen besser umzugehen. Radikales Akzeptieren (aus dem DBT-Programm) ist dafür der Schlüssel. Man akzeptiert dass diese chaotisch gegensätzlichen Gefühle zur selben Zeit da sein können. Anstatt sich nun dagegen zu wehren und sich zu Entscheidungen zu zwingen, nimmt man die Situation an wie sie ist und vertraut darauf dass sich diese Not wieder auflöst. Wenn man nämlich nüchtern auf ähnliche Situationen zurück schaut, geht auch diese Zerrissenheit vorbei. Hinderlich dafür ist jedoch meist die Impulsivität des Betroffenen der sich selbst zu einer schnellen Lösung zwingt. Als Partner bleibt einem in diesem Fall nichts anderes übrig als die Situation ebenfalls auszuhalten und mit Verständnis auf diese Widersprüchlichkeit zu reagieren.

 

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Gefühlswelt in einer Borderlinebeziehung

Eigene Erfahrungen meiner Gefühle in Beziehungen:

Ich habe eine gestörte Wahrnehmung was mich selbst betrifft. Ich kann die meiste Zeit nichts in mir wahrnehmen. Gefühle sind nicht greifbar. Wenn andere Menschen beschreiben können was gerade in Ihnen vorgeht (z.B Müdigkeit, Freude, Lust), ist es für mich wie als würde ich ein leeres Blatt Papier anschauen. Es ist einfach NICHTS in mir was ich wahrnehmen kann.

Wenn ich jedoch in einer frischen Beziehung bin, dann werde ich überschwemmt von positiven Gefühlen. Bildlich gesehen erinnert es ein wenig an einen Ertrinkenden der plötzlich einen Baumstamm im Wasser findet an dem er sich klammern kann. Durch die starke Verbindung zu meiner Partnerin (Symbiose in der Idealisierung) ist es als würde ich durch sie die Möglichkeit haben Zugang zu mir selbst  finden. Ich empfinde Ihre Gefühle wie meine eigenen.

Borderline: Liebe – Gefühle spiegeln
Borderline: Liebe – Gefühle spiegeln

In dieser Phase der Beziehung klammere ich mich an diesen Gefühlen und ich mache alles damit ich dieses Empfinden aufrecht erhalten kann. Ich weiß sehr genau was meine Partnerin von mir erwartet. Wenn ich Zugang zu einer Person habe, was in einer Symbiose natürlich der Fall ist, dann weiß ich auch unbewusst Ihre Sehnsüchte und „füttere“ sie mit genau diesen Wünschen.  Auf diese Weise manipuliere ich sie, damit die Funktion die sie inne hat aufrecht erhalten werden kann. Ich mache dies nicht bewusst. Mein Handeln ist impulsiv und unterliegt einem gewissen Automatismus. Diese Phase in der Borderlinebeziehung ist der gewöhnlichen Phase des „Verliebtseins“ sehr ähnlich. Ich denke sie ist jedoch wesentlich intensiver und bedeutet weit mehr als das was man für gewöhnlich als „Schmetterlinge im Bauch“ kennt. In der Idealisierung und dem damit verbundenem Wunsch nach Symbiose fühle ich mich „Eins“ mit meiner Partnerin. Ich weiß wirklich nicht mehr wo ich aufhöre und sie anfängt. Ich fühle mich durch sie komplett und mit ihr zusammen als eine Identität.

Diese Verbindung ist jedoch nicht dauerhaft aufrecht zu erhalten. Wenn das Bild des Eins sein zu bröckeln beginnt, dann greifen die anderen Muster in mir. Es stellt sich die Angst ein Verschlungen zu werden. Es entsteht die Panik mich selbst zu verlieren und keine Kontrolle mehr über mich zu besitzen. Ich erkenne, dass meine Partnerin nur ein Mensch ist und dass ich es nicht ertragen kann wenn mir ein Mensch zu Nahe ist.  Die Mauern die ich im laufe der Zeit um mich herum errichtet habe dienen meinem Schutz. Menschen können mich für gewöhnlich nicht verletzen. In  einer Beziehung werde ich jedoch angreifbar, da Nähe und Verbundenheit etwas ist was man mir auch wieder entziehen kann. In dieser Phase entstehen die panischen Ängste verlassen zu werden. Um diese Panik in Griff zu bekommen, beginne ich meine Partnerin abzuwerten. Die positiven Gefühle die ich zuvor hatte sind auf einen Schlag weg und an ihrer Stelle ist wieder dieses unerträgliche Gefühl der Leere. Egal was meine Partnerin nun auch unternimmt um mich zu unterstützen, sie wird mich nicht mehr erreichen, denn ich kann nichts mehr fühlen. Diese Leere ist so schrecklich, dass ich nun versuche Gefühle in mir zu erzwingen. Am liebsten wären mir natürlich schöne Gefühle, wie sie zu Beginn der Beziehung existierten, aber ich kann mir diese postiven Gefühle leider nicht erzwingen. Negative Gefühle kann ich jedoch nach belieben hervorrufen. Also beginne ich Streit zu provozieren. Ärger, Wut und Trauer sind Empfindungen die diese innere Leere für kurze Zeit auffüllen können. Meine Partnerin muss mir keinen sichtlichen Grund liefern um abgewertet zu werden. Ich suche solange bis ich etwas finde, egal wie gering der Auslöser zu sein scheint. Sollte wirklich nichts da sein, dann bringe ich sie dazu, dass sie die Beziehung beendet. Wichtig ist für mich, dass ich mich selbst nicht in der „Schuld“ sehen muss. Schuldgefühle kann ich ebenso wie die Leere nicht ertragen und so projektiere ich meine Wut, die ich mir selbst gegenüber empfinde in sie. Egal was sie auch unternimmt, sie wird für mich immer die Schuldige sein warum die Beziehung nicht funktionierte.

Es kommt nun zur Trennung. Anfangs sind noch negative Gefühle da, die ich wahrnehmen kann. Alles was schön war in der Beziehung ist für mich nicht mehr vorhanden. Trauer, Wut, Schmerz ist auch für mich etwas das ich nicht gerne erleide, aber alles ist besser als diese Leere zu spüren. Darum klammere ich mich an den Schmerz genauso intensiv wie zuvor an den positiven Gefühlen. Meine Partnerin ist nun eine Person die nur mein schlechtestes will und dadurch das ich sie hassen kann gewinne ich an Stabilität. Wenn diese Gefühle jedoch auch verschwinden stellt sich wieder dieses schreckliche Gefühl der Leere ein. Wieder bin ich in der Situation diese Leere aufzufüllen. Bevorzugter weise natürlich mit positiven Gefühlen aus einer erfüllenden Beziehung. Falls dieses Gefühl jedoch mit der Partnerin wieder hergestellt werden kann, so werden ab jetzt die Abstände zwischen Idealisierung und Abwertung immer kürzer. Eine wirklich perfekte Symbiose wie zum Beginn der Beziehung ist nicht mehr herstellbar auch wenn ich es immer wieder versuche bis ich es wirklich als Gescheitert ansehe. Irgendwann versuche ich nur noch den Hass möglichst lange aufrecht zu erhalten. Nur das ist der Grund warum ich auch nach einer gescheiterten Beziehung gerne noch hin und wieder den Kontakt zu meiner Ex-Beziehung suche.

Erst wenn ich in einer neuen Partnerschaft bin, oder wenn ich keine Möglichkeit habe meine Ex-Partnerin zu erreichen, ist meine vorhergegangene Beziehung wirklich für mich abgeschlossen. Ihre Funktion ist dann für mich nicht mehr erforderlich.

 

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Borderline Beratung

Borderline nach ICD10 und DSM IV

Die Abkürzung ICD steht für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“. Die Ziffer 10 bezeichnet deren 10. Revision. Diese Klassifikation wurde von der Weltgesundheitsorganisation  – WHO erstellt. In Deutschland sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen laut § 295 Absatz 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Abrechnung ärztlicher Leistungen) verpflichtet, Diagnosen nach ICD-10 GM zu verschlüsseln. Verbindlich für die Verschlüsselung in Deutschland ist die ICD-10-GM Version 2011.

F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung nach ICD10

Eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden. Zwei Erscheinungsformen können unterschieden werden: Ein impulsiver Typus, vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle; und ein Borderline- Typus, zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.

F60.30 impulsiver Typus

Die wesentlichen Charakterzüge sind emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle. Ausbrüche von gewalttätigem und bedrohlichem Verhalten sind häufig, vor allem bei Kritik durch andere.

Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen, darunter 2.:

  • deutliche Tendenz unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln;
  • deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden;
  • Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens;
  • Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden;
  • unbeständige und unberechenbare Stimmung.

F60.31 Borderline Typus

Einige Kennzeichen emotionaler Instabilität sind vorhanden, zusätzlich sind oft das eigene Selbstbild, Ziele und „innere Präferenzen“ (einschließlich der sexuellen) unklar und gestört. Meist besteht ein chronisches Gefühl innerer Leere. Die Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen kann zu wiederholten emotionalen Krisen führen mit übermäßigen Anstrengungen, nicht verlassen zu werden, und mit Suiziddrohungen oder selbstschädigenden Handlungen (diese können auch ohne deutliche Auslöser vorkommen

Mindestens drei der oben unter F60.30 B. erwähnten Kriterien müssen vorliegen und zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen:

  • Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren Präferenzen“ (einschließlich sexueller);
  • Neigung sich in intensive aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen;
  • übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden;
  • wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung;
  • anhaltende Gefühle von Leere.

 

Borderline nach DSM IV

Von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) spricht man, wenn die betroffene Person unter einem „tiefgreifenden Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Gefühlen sowie unter deutlicher Impulsivität“ leidet.
Bei einer BPS müssen 5 der nachfolgenden Kriterien vorhanden sein:

1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. z.B. klammerndes Verhalten, Suizidandrohungen

2. Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist . Eine Person wird nur als „gut“ gesehen und entsprechend idealisiert. Dieselbe Person kann nach kurzer Zeit aus unterschiedlichen Gründen abgrundtief gehaßt werden, alle vorher festgestellten guten Eigenschaften sind vergessen.

3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. Ein Borderliner kann sich nicht selbst definieren. Es gibt Borderliner, die sich als Mensch definieren können, aber eine sehr gestörte Identität in Bezug auf ihr eigenes Geschlecht aufweisen, indem sie z.B. ihren eigenen Körper verachten. Sie verfügen auch in der Regel über kein stabiles Selbstbild und neigen zu extremen Minderwertigkeitsgefühlen. Sie glauben nicht an ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten und suchen deshalb immer wieder in ihrem Umfeld nach Bestätigung.

4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (außer Selbstverletzungen oder Suiziddrohungen). Drogenmißbrauch, riskantes Fahrverhalten, Tablettenmißbrauch, häufig wechselnde Sexualpartner ohne Rücksicht auf Infektionsrisiken etc.

5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. Neben Selbstmordversuchen sind Selbstverletzungen (SVV) bei Borderlinern sehr häufig anzutreffen. Viele fügen sich Schnittverletzungen hauptsächlich an den Armen zu.

6. Stark wechselhafte Stimmung. Mehrmalige grundlose Stimmungsschwankungen am Tag sind möglich, vom Hochgefühl bis hin zur Depression.

7. Chronische Gefühle der Leere. Viele Borderliner fühlen sich regelrecht wie Zombies. Sie haben keine spürbaren Empfindungen und fühlen sich selbst leblos.

8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren. Dies beschreibt Zustände von extrem starken Wutausbrüchen und aggressivem Verhalten, das in keinem Verhältnis zu der momentanen Situation steht.

9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome. In belastenden Situationen können sich Borderliner verfolgt fühlen oder den Eindruck haben, daß sie jemand zerstören will. Auch können sie das Gefühl haben, sich von ihrem Körper zu entfernen, das Umfeld wird nur noch sehr fern und dumpf wahrgenommen. Diese Symptome verschwinden, wenn die Situation als nicht mehr bedrohlich oder belastend empfunden wird.

 

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