Die Abkürzung ICD steht für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“. Die Ziffer 10 bezeichnet deren 10. Revision. Diese Klassifikation wurde von der Weltgesundheitsorganisation – WHO erstellt. In Deutschland sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen laut § 295 Absatz 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Abrechnung ärztlicher Leistungen) verpflichtet, Diagnosen nach ICD-10 GM zu verschlüsseln. Verbindlich für die Verschlüsselung in Deutschland ist die ICD-10-GM Version 2011.
F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung nach ICD10
Eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden. Zwei Erscheinungsformen können unterschieden werden: Ein impulsiver Typus, vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle; und ein Borderline- Typus, zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.
F60.30 impulsiver Typus
Die wesentlichen Charakterzüge sind emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle. Ausbrüche von gewalttätigem und bedrohlichem Verhalten sind häufig, vor allem bei Kritik durch andere.
Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen, darunter 2.:
- deutliche Tendenz unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln;
- deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden;
- Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens;
- Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden;
- unbeständige und unberechenbare Stimmung.
F60.31 Borderline Typus
Einige Kennzeichen emotionaler Instabilität sind vorhanden, zusätzlich sind oft das eigene Selbstbild, Ziele und „innere Präferenzen“ (einschließlich der sexuellen) unklar und gestört. Meist besteht ein chronisches Gefühl innerer Leere. Die Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen kann zu wiederholten emotionalen Krisen führen mit übermäßigen Anstrengungen, nicht verlassen zu werden, und mit Suiziddrohungen oder selbstschädigenden Handlungen (diese können auch ohne deutliche Auslöser vorkommen
Mindestens drei der oben unter F60.30 B. erwähnten Kriterien müssen vorliegen und zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen:
- Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren Präferenzen“ (einschließlich sexueller);
- Neigung sich in intensive aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen;
- übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden;
- wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstbeschädigung;
- anhaltende Gefühle von Leere.
Borderline nach DSM IV
Von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) spricht man, wenn die betroffene Person unter einem „tiefgreifenden Muster von Instabilität in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Gefühlen sowie unter deutlicher Impulsivität“ leidet.
Bei einer BPS müssen 5 der nachfolgenden Kriterien vorhanden sein:
1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. z.B. klammerndes Verhalten, Suizidandrohungen
2. Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist . Eine Person wird nur als „gut“ gesehen und entsprechend idealisiert. Dieselbe Person kann nach kurzer Zeit aus unterschiedlichen Gründen abgrundtief gehaßt werden, alle vorher festgestellten guten Eigenschaften sind vergessen.
3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. Ein Borderliner kann sich nicht selbst definieren. Es gibt Borderliner, die sich als Mensch definieren können, aber eine sehr gestörte Identität in Bezug auf ihr eigenes Geschlecht aufweisen, indem sie z.B. ihren eigenen Körper verachten. Sie verfügen auch in der Regel über kein stabiles Selbstbild und neigen zu extremen Minderwertigkeitsgefühlen. Sie glauben nicht an ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten und suchen deshalb immer wieder in ihrem Umfeld nach Bestätigung.
4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (außer Selbstverletzungen oder Suiziddrohungen). Drogenmißbrauch, riskantes Fahrverhalten, Tablettenmißbrauch, häufig wechselnde Sexualpartner ohne Rücksicht auf Infektionsrisiken etc.
5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. Neben Selbstmordversuchen sind Selbstverletzungen (SVV) bei Borderlinern sehr häufig anzutreffen. Viele fügen sich Schnittverletzungen hauptsächlich an den Armen zu.
6. Stark wechselhafte Stimmung. Mehrmalige grundlose Stimmungsschwankungen am Tag sind möglich, vom Hochgefühl bis hin zur Depression.
7. Chronische Gefühle der Leere. Viele Borderliner fühlen sich regelrecht wie Zombies. Sie haben keine spürbaren Empfindungen und fühlen sich selbst leblos.
8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Wut zu kontrollieren. Dies beschreibt Zustände von extrem starken Wutausbrüchen und aggressivem Verhalten, das in keinem Verhältnis zu der momentanen Situation steht.
9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome. In belastenden Situationen können sich Borderliner verfolgt fühlen oder den Eindruck haben, daß sie jemand zerstören will. Auch können sie das Gefühl haben, sich von ihrem Körper zu entfernen, das Umfeld wird nur noch sehr fern und dumpf wahrgenommen. Diese Symptome verschwinden, wenn die Situation als nicht mehr bedrohlich oder belastend empfunden wird.
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Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)
Borderline Beratung