Borderline: Spiegelung – was ist dieses „spiegeln“ bei Borderline

Wenn man über Borderline liest wird man unweigerlich irgendwann auf den Begriff „Spiegeln“ stoßen. Häufig bleibt man jedoch dabei im Unklaren was sich hinter dem Begriff verbirgt. Das hat zum einen damit zu tun, dass Spiegeln ein Begriff ist, der in vielerlei Hinsicht verwendet wird. So wird der Begriff Spiegeln  in der Psychologie, laut Wikipedia, in mindestens vier Bereichen in jeweils eigenem Sinn gebraucht:

  • in der psychoanalytisch orientierten Gruppenanalyse und Supervision
  • in der Humanistischen Psychologie von Carl Rogers
  • in der Theorie des Narzissmus von Heinz Kohut
  • in der psychologisch-spirituellen Transformationslehre
Borderline: Spiegelung
Borderline: Spiegelung, Verwechslung, Übertragung

Spiegeln beschreibt aber auch einen Effekt, der mit Wahrnehmung zu tun hat. Wenn man mit einem Menschen in Kontakt tritt, erhält man eine Vielzahl von Botschaften, die wir bewusst oder unbewusst wahrnehmen können. Teilweise handelt es sich dabei um Dinge, die uns aktiv vom Gegenüber mitgeteilt werden. Zu einem anderen Teil handelt es sich um Eindrücke die wir selbst wahrnehmen. Genau hier greift das Spiegeln, wie es im Zusammenhang mit Borderline häufig verwendet wird.

Dabei beschreibt Spiegeln das Phänomen, dass wir in unserem Gegenüber eigene Anteile erkennen. Je nachdem wie die Person auf uns wirkt, nehmen wir dabei unsere eigenen Defizite, oder eigene Wünsche/Bedürfnisse wahr.

Beispiel:

Wenn ich ein eher schüchterner Mensch bin und nehme eine Person wahr, die sich sehr offen und Kontaktfreudig zeigt, erkenne ich dabei mein eigenes  „Über-Ich“. In meiner Idealvorstellung hätte ich gerne die Offenheit und Kontaktfreude meines Gegenübers. Es wird mir also meine Idealvorstellung von mir selbst gespiegelt und macht mir dabei mein eigenes Defizit in dem Bereich bewusst.

Anderes Beispiel:

Wenn ich mich unbewusst hilflos fühle und mich nach Geborgenheit sehne, kann es durch Spiegelung passieren, dass ich dies auch verstärkt in meinem Gegenüber wahrnehme. Wenn ich dann meinem Gegenüber Hilfe und Geborgenheit biete, kann es also sein, dass ich meine eigene Hilfsbedürftigkeit und den Wunsch nach Geborgenheit bedienen will.

Von Spiegeln spricht man in dem Zusammenhang, wenn ich eigene Anteile in meinem Gegenüber erkenne, ohne dass mir dies aktiv vermittelt wird. Spiegelung hat also immer mit der eigenen Wahrnehmung zu tun.

Gerade wenn man sich zu verlieben beginnt, kommt es häufig zu Spiegelung. Dies bewirkt zum Beispiel, dass man so viele Gemeinsamkeiten mit dem Gegenüber zu erkennen glaubt. Diese Gemeinsamkeiten können natürlich auch tatsächlich vorhanden sein, doch relativ häufig handelt es sich dabei um Spiegelung.

Auch wenn Spiegelung also etwas ist, auf das jeder Mensch in gewisser Weise zurückgreift, hat sie bei Borderlinern eine besondere Bedeutung. Aufgrund der brüchigen „Ich-Struktur“ von Borderline-Betroffenen haben Borderliner häufig eine gestörte Selbstwahrnehmung. Sie sind nicht fähig eigene Anteile in sich wahr zu nehmen. Darum sind sie auf andere Menschen angewiesen die sie spiegeln. Durch die Spiegelung erreichen sie also einen Bezug zu sich selbst.

Aus diesem Grund kann Gruppentherapie für Borderline-Betroffene äußerst wirkungsvoll sein, auch wenn man sich vielleicht aufgrund einer vorhandenen Sozialphobie vor Gruppenarbeit scheut.

Gerade zu Beginn meiner Therapie war Gruppen-Therapie für mich wichtig um verstehen zu können was in mir vor sich geht. Mir hat Gruppenarbeit also sehr geholfen, was jedoch nicht auf jeden Betroffenen zutreffen muss.

Ein Borderliner, der von seinem Gegenüber die Dinge gespiegelt bekommt, die seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse entspricht, wird diese Person anziehend finden. Anders herum kann sich der Betroffene, aufgrund seiner fehlenden Ich-Struktur, perfekt auf sein Gegenüber einstellen und bietet sich somit seinem Gegenüber als perfekter Spiegel an. Dieser Umstand sorgt dafür das die Partner auf den ersten Blick perfekt zueinander passen scheinen.

Was es schwierig macht Spiegelung verstehen zu können, hängt zu einem großen Teil damit zusammen, dass es verschiedene andere Mechanismen gibt, die dem Spiegeln sehr ähneln.

Es könnte sich um Übertragung handeln.

Von Übertragung spricht man, wenn ich in meinem Gegenüber alte Muster aus meiner Kindheit erkenne und somit Gefühle oder Erwartungen in mir ausgelöst werden, die nichts mit meinem Gegenüber zu tun haben. Vielmehr erkenne ich dabei meine Eltern wieder und reagiere unbewusst mit meinem Verhalten auch so, wie ich auf meine Eltern reagieren würde. Man spricht entweder von positiver, oder negativer Übertragung, je nachdem wie ich die Situation mit Kindheitserinnerungen in Verbindung bringe.

Beispiel:

Ich erkenne unbewusst bei meinem autoritären Vorgesetzten wenn er mich kritisiert meine Mutter wieder und reagiere deswegen mit kindlichem, überzogenem Autonomieverhalten. Oder mit Unterwürfigkeit.

Oder:

Ich habe in meiner Kindheit von meinem Vater wenig Aufmerksamkeit erhalten und suche deswegen in meinem Partner nach der Anerkennung die er mir verweigerte.

 

Während es bei der Übertragung immer um Erfahrungen aus der Kindheit handelt, gibt es noch die Möglichkeit, Verhalten oder Persönlichkeitsmerkmale anderer Personen im Gegenüber wahrzunehmen. In diesem Fall sprachen meine Therapeuten von Verwechslung. Verwechslung kann sowohl durch äußere Reize, als auch durch Verhalten ausgelöst werden. Je nachdem wie ich die andere Person in Erinnerung habe, löst die Verwechslung entweder gute, oder negative Emotionen in mir aus. Diese Emotionen stehen jedoch nicht unmittelbar mit meinem Gegenüber im Zusammenhang, sondern entsprechen meiner vorbelasteten Erinnerung.

Beispiel:

Jemand mit einer auffallenden Brille hat mich schlecht behandelt. Wenn ich auf eine andere Person treffe die eine ähnliche Brille trägt, reagiere ich abwehrend oder aggressiv.

Oder:

Ich wurde in Vergangenheit von einer Ex-Partnerin betrogen. Wenn ich eine neue Beziehung eingehe unterstelle ich meiner neuen Partnerin, dass sie mich betrügt, obwohl es dafür keine erkennbaren Anzeichen gibt.

Oder im positiven Sinne:

Ich treffe auf eine Frau die mich an eine Ex-Partnerin erinnert, die ich sehr geliebt habe.

Neben Spiegelung, Übertragung und Verwechslung können noch andere Mechanismen die Wahrnehmung beeinflussen. Zum Beispiel die Abwehrmechanismen Projektion und projektive Identifikation.

Häufig glaubt man, wenn sich die Spiegelung als unzutreffend erweist, getäuscht worden zu sein. Dies muss jedoch nicht immer der Realität entsprechen, da ich durch Spiegelung mit meinen eigenen Anteilen konfrontiert werde.

Aldo Berti hat das, was bei der Spieglung tatsächlich passiert in seinen Spiegelgesetzen schön zusammengefasst:

1. Spiegel-Gesetz
Alles was mich am anderen stört, ärgert, aufregt oder in Wut geraten lässt und ich anders haben will, habe ich selbst in mir. Alles, was ich am anderen kritisiere oder sogar bekämpfe und verändern will, kritisiere, bekämpfe oder unterdrücke ich in Wahrheit in mir und hätte es gerne anders.

2. Spiegel-Gesetz
Alles, was der andere an mir kritisiert, bekämpft und verändern will und ich mich deswegen verletzt fühle, so betrifft es mich – ist dies in mir noch nicht erlöst. Meine gegenwärtige Persönlichkeit fühlt sich beleidigt – der Egoismus ist noch stark.

3. Spiegel-Gesetz
Alles was der andere an mir kritisiert und mir vorwirft oder anders haben will und bekämpft und mich dies nicht berührt, ist es sein eigenes Bild, sein eigener Charakter, seine eigenen Unzulänglichkeiten, die er auf mich projiziert.

4. Spiegel-Gesetz
Alles, was mir am anderen gefällt, was ich an ihm liebe, bin ich selbst, habe ich selbst in mir und liebe dies im anderen. Ich erkenne mich selbst im anderen – in diesen Angelegenheiten sind wir eins.

 

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Borderline: Unterschied männlich – weiblich

Ein Leser hat über die Feedbackseite den Wunsch geäußert, dass ich einmal auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern eingehe. Darüber wollte ich schon lange schreiben, der Hinweis gab mir den nötigen Antrieb dafür mich mit dem Thema mehr zu beschäftigen.

Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern.
Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern.

Nachtrag: Beim jährlich stattfindenden bundesweiten Borderline-Trialog in Ansbach war diesmal das Thema: Borderline bei Männern & Jungs – ein kleiner aber feiner Unterschied. Ich habe das erste mal dort teilgenommen und habe deswegen neue Informationen die ich nun auf diese Seite einfließen lassen werde. Dr. Stefan Röpke, Leiter des Bereichs Persönlichkeitsstörungen bei der Charité Berlin referierte zu dem Thema und brachte für mich teilweise neue Erkenntnisse mit.

Wenn man die nackten Zahlen der Statistiken betrachtet, dann könnte man den Eindruck gewinnen, Borderline sei eine Krankheit an der überwiegend Frauen leiden. Ein weibliches Phänomen also. Studien die bei klinischen Stichproben gewonnen wurden zeigen auch tatsächlich deutliche Geschlechtsunterschiede. Man geht lt. diesen Studien von einem deutlichen Übergewicht von 70% weiblichen Borderlinern aus.

Eine andere Studie von Grant zeigte jedoch keine wesentlichen Unterschiede. Prof. Dr. Faust schreibt von Studien die von einem Verhältnis 2:3 bezüglich Männer zu Frauen sprechen. Es gibt auch Meinungen die von einem Verhältnis 50:50 sprechen. Letztendlich ist keine diese Hochrechnungen repräsentativ.

Das einzige was sicher gesagt werden kann: In klinischer Behandlung sind Frauen mit fast ¾ der Betroffenen deutlich in der Überzahl. Die Ursachen dafür sind unklar. Häufig liest man den Satz:

Borderline-Patientinnen kommen eher in eine ambulante oder stationäre psychotherapeutische Betreuung, Borderline-Männer fallen häufiger juristisch auf und kommen eher ins Gefängnis oder in forensische Einrichtungen.

Jedoch gibt es auch für diese These keinen wirklich repräsentativen Beleg, was allein schon darauf zurückzuführen ist, dass man bei kleineren Straftaten selten nach psychischen Störungen sucht.

Dr. Röpke brachte jedoch Zahlen mit, die diese Aussage  jedoch zu bestätigen scheinen. Er stellte jedoch auch klar das es sich dabei jedoch meist nicht um Straftaten handelt, bei denen sich die Betroffenen einen Vorteil verschaffen wollen, sondern eher um Kollateralschäden bei selbstschädigendem Verhalten.

Fakt ist, das sich männliche Borderliner seltener in Behandlung begeben. Warum das so ist, lässt sich nur vermuten. Vielleicht hängt es mit einem veralteten Gesellschaftsbild zu tun, in dem ein Mann, als Versorger, es sich weniger leisten kann eine Schwäche einzugestehen.

Es ist nicht nur so das sie sich deutlich weniger in Behandlung begeben, die Abbruchrate von begonnenen Therapien ist im vergleich mit betroffenen Frauen auch wesentlich höher. Eine Ursache dafür könnte das relativ hohe Vorkommen narzisstischer und antisozialer Persönlichkeitsstörungen als Komorbidität bei Männern sein. Ausserdem haben Borderlinemänner häufiger komorbidie Suchterkrankungen, die Ursache für einen möglichen Therapieabbruch sein können.

In den Jahren habe ich die Bekanntschaft von vielen Borderlinern (sowohl männlich, als auch weiblich) gemacht. Jeder von ihnen ging individuell mit der Störung um. Es gibt den typischen Borderliner nicht. Aus diesem Grund kann es auch nicht den typischen männlichen, oder typisch weiblichen Borderliner geben. Es gibt jedoch kleine Auffälligkeiten.

Sowohl Mann als auch Frau kennen die frei flottierenden Ängste, die meist der Auslöser für dysfunktionales Verhalten sind. Es gibt jedoch auffallend geschlechtsspezifische Unterschiede wie die Betroffenen mit diesen Ängsten umgehen.

  •  Männliche Borderliner neigen eher zu Aggression, leben ihre Wutausbrüche deutlicher aus neigen häufiger zu Hochrisikoverhalten.
  • Männliche Borderliner zeigen eine deutlich höhere Impulsivität.
  •  Selbstverletzung kommt bei beiden etwa gleichhäufig vor, doch männliche Borderline achten mehr darauf ihre Verletzungen zu verbergen, während weibliche Betroffene sich häufig sichtbar verletzen.
  •  Sehr deutlich werden die Unterschiede bei dem Abwehrmechanismus Reaktionsbildung: Männer können mit Wut deutlich besser umgehen und wandeln Trauer häufig in Wut um, während Frauen sich deutlich häufiger in die Trauer flüchten und sich Wut nicht zugestehen.
  •  Meiner Einschätzung nach ist der Wunsch es allen Recht zu machen und sich anzupassen bei weiblichen Betroffenen spürbar häufiger wahr zu nehmen.
  •  Weibliche Betroffene haben häufiger Probleme mit ihrem Körper, Sexualität und Nähe, meist aufgrund sexueller Übergriffe in der Vergangenheit.
  •  Männliche Borderliner neigen häufiger dazu sich gegen Autoritäten aufzulehnen.
  • Weibliche Borderliner weisen lt. Dr. Röpke eine deutlich höhere Symptomausprägung auf.
  • Weibliche Borderliner zeigen wesentlich häufiger dissoziative Symptome.
  • Unterschiede auch bei Komorbiditäten: Borderlinerinnen leiden häufig zusätzlich an affektiven Störungen, wie Depressionen, erkranken häufiger an einer PTBS und neigen wesentlich häufiger dazu Essstörungen zu entwickeln. Männliche Borderliner habene eine wahrnehmbar höhere Komorbiditätsrate mit der Narzisstischen und Antisozialen Persönlichkeitsstörung und greifen häufiger auf Substanzmissbrauch zurück.

Diese Unterschiede sind jedoch nicht verbindlich auf die Geschlechter festzulegen. Es handelt sich lediglich um Tendenzen die geschlechtsspezifisch häufiger auftreten. Die Erziehung und das Umfeld in dem Borderliner aufwachsen hat darauf einen entscheidenden Einfluss.

Was eine wirkliche Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern nahezu unmöglich macht ist die Tatsache, dass die BPS selten alleine auftaucht. Meist tritt Borderline mit Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), wie z.B. Depressionen auf, was natürlich das Verhalten ebenfalls stark beeinflusst. Dieser Umstand macht auch eine fundierte Borderlinediagnose schwierig.

Je länger Borderliner in Behandlung sind, umso schwieriger wird es Unterschiede festzustellen, da die oben genannten Auffälligkeiten weniger mit der Borderline-Störung selbst, sondern eher mit den verschiedenen Abwehrmechanismen, oder Konditionierungen zu tun haben. Es ist also leichter zwischen „reflektierten“ und „nicht reflektierten“ Borderlinern zu unterscheiden.

 

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Abwehrmechanismen von Borderlinern

Emotionales Gedächtnis

Therapieformen bei Borderline

Borderline: Definition ICD 10 und DSM IV

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Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)

Vortrag von Prof.Martin Bohus

 

Borderline Fragen und Antworten Teil I.

1.)    Können Borderliner Lieben?

Ja, sie können! Sie lieben sogar mehr als es gut für sie ist. Wenn sich ein Borderliner emotional an einen Partner bindet wird er regelrecht von Gefühlen für diese Person überschwemmt. Der Partner wird zum Zentrum alles seins und der Betroffene wünscht sich die innigste Verbindung die möglich ist. Diese Liebe ist jedoch für ihn auch seine größte Gefahr, denn nach kurzer Zeit stellen sich unglaubliche Ängste ein, die der Borderliner als existenzbedrohend empfindet. (mehr dazu hier)

2.)    Verletzen Borderliner ihre Partner absichtlich?

Nein! Borderliner gehen aus genau den selben Gründen Beziehungen ein, wie jeder andere Mensch auch. Er sehnt sich nach Liebe, Zuneigung und Nähe. Bei jeder Beziehung ist er davon überzeugt, dass es sich um die eine echte Liebe handelt, die ein Leben lang hält und in der er Glücklich bis ans Lebensende sein kann. Leider stehen ihm in diesem Wunsch seine existenzbedrohenden Ängste im Wege, die nach kurzer Zeit während der Symbiose auf ihn einwirken.

  • Die Angst davor Verlassen zu werden.
  • Die Angst Verschlungen zu werden oder alleine nicht mehr existieren zu können.

… sind die häufigsten und mächtigsten Ängste, unter denen ein Borderliner leidet. Auch wenn der Borderliner weiter extrem liebt, lösen diese Ängste eine unglaubliche Zerrissenheit aus. Der Wunsch, die Symbiose weiter zu führen und Fluchtreflexe lösen sich ständig ab. Häufig kommt es aus diesem Grund zu Trennungen, weil es die einzig mögliche Lösung scheint diese Zerrissenheit zu beenden. Oft nehmen Partner diese Trennungen als Ende der Liebe wahr, was jedoch meist nicht stimmt. Der Borderliner versucht durch Abwertung eine Spaltung zu erreichen, in dem er sich emotional vom Partner löst. Diese Trennungen sind so hart und heftig, dass der verlassene Partner häufig annimmt, der Borderliner hätte ihnen die Liebe vorgetäuscht, ihn belogen. Wie bei jedem anderen Menschen auch gibt es auch unter Borderlinern „schwarze Schafe“, die das vielleicht wirklich tun. Dies ist jedoch nicht Teil der Borderlinestörung, sondern eine Frage des Charakters.

3.)    Gehen Borderliner immer Fremd? Gehen sie immer von einem Partner zum nächsten?

Auch hier kann man nicht ausschließen, dass dies passiert. Aber auch das kann man nicht über alle Borderliner stülpen. Es gibt gesunde Menschen die das tun, es gibt Borderliner die das tun. Promiskuität ist eine bekannte Form von selbstschädigendem Verhalten und somit eines der Symptome, das ist richtig. Aber erstens müssen Borderliner nicht alle Symptome der Krankheit aufweisen, zum zweiten bedeuten häufig wechselnde Beziehungen nicht automatisch, dass sie in Beziehungen fremd gehen. Da ein Borderliner auf der Suche nach der totalen Verschmelzung (Symbiose) mit dem Partner ist, ist es eher so, dass man sich einzig auf den Partner konzentriert. Es ist jedoch auf keinem Fall auszuschließen das Borderliner, wenn die Phase der Symbiose vorbei ist, auf der Suche nach neuen Partnern sind. Dies jedoch auf alle Borderliner zu übertragen ist genau so falsch wie die Aussage, alle Borderliner schneiden und ritzen sich.

Viele Betroffene versuchen es sogar zu vermeiden sich zu verlieben, oder Beziehungen einzugehen, da sie dann ihren schlimmsten Ängsten ausgeliefert sind. Zwischen Beziehungen können Jahre liegen.

Je nachdem was der Betroffener als schlimmer empfindet, das Gefühl der Leere oder die Ängste in Beziehungen, ist er offen für Partnerschaften oder eben nicht. Letztendlich kann sich ein Borderliner genau so wenig dagegen wehren sich zu verlieben wie andere Menschen auch. Aber wirklich danach suchen tun erstaunlich wenige.

4.)    Kann man von Borderline sprechen wenn kein selbstverletzendes Verhalten vorliegt?

Ja, selbstverletzendes Verhalten ist eines der Hauptsymptome die ein Borderliner haben kann, aber wie alle nicht zwingend haben muss. Es gibt erstaunlich viele Betroffene die nie auf selbstverletzendes Verhalten zurückgegriffen haben, oder dies Verhalten im Laufe der Zeit ablegen. Andersrum ist es wahrscheinlicher das Menschen die sich selbst verletzen an Borderline leiden. Jedoch gibt es in der Entwicklung eine Phase wo auch gesunde Menschen gelegentlich auf Selbstverletzung zurück greifen. Als einziges Symptom ist dies für eine gefestigte Borderline-Diagnose auf keinem Fall ausreichend. Genau so wenig kann man eine Borderlinestörung nicht ausschließen nur weil sich der Betroffene nie selbst verletzt hat.

5.)    Sind Borderliner immer auch Narzissten?

Nein, die Borderlinestörung ist unabhängig von pathologischem Narzissmus zu betrachten. Es gibt sogar etliche deutliche Unterschiede zwischen den beiden Persönlichkeitsstörungen.

Borderline kommt jedoch selten alleine vor. Meist gibt es sogenannte Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) zu denen auch Narzissmus zählt. Narzissmus ist häufig eine Komorbidität. Aber nicht mal DIE häufigste. Meiner Meinung nach ist ein Borderliner der zusätzlich auch an Narzissmus leidet, stabiler als andere, da sie ein gefestigteres Selbstbild besitzen, selbst wenn dieses Selbstbild wenig mit der Realität zu tun haben muss. Ich behaupte z.B. Kurt Cobain würde noch Leben wenn er zu seiner Borderlinestörung noch an pathologischen Narzissmus gelitten hätte. Diese These von mir begründe ich mit seinem Abschiedsbrief, den er hinterlassen hat. Er geht darin genau auf diese Problematik ein.

6.)    Sind Borderliner immer auch depressiv oder leiden an Essstörungen?

Nein, eben so wie bei Narzissmus bei Punkt 5.) handelt es sich dabei um eine häufig vorkommende Komorbidität, nicht um ein Symptom von Borderline.

7.)    Vergessen Borderliner wirklich alles, was sie in einer Beziehung erlebt haben?

Nein, im Gegenteil! Borderliner haben i.d.R. sogar ein Elefantengedächtnis. Es kommt häufig vor, dass sie sich noch an Sätze erinnern können, die vor Jahren mal gefallen sind. Negative Erinnerungen werden jedoch gerne verdrängt, oder durch andere Abwehrmechanismen aus dem Bewusstsein gestrichen, doch können sie sich sehr genau an Momente, oder Situationen erinnern.

Was ihnen jedoch meist fehlt, ist das Emotionale Gedächtnis. Das ist ein großer Unterschied. Gedächtnis und Erinnerung ist eine rein kognitive Fähigkeit, die geistige Fähigkeiten voraussetzt. Das Emotionale Gedächtnis betrifft die emotionale Ebene und darauf haben Borderliner häufig keinen Zugriff.

8.)    Sind Borderliner Psychopathen?

Nein. Es handelt sich dabei um vollkommen unterschiedliche Störungsbilder.

9.)    Haben Cluster-B Störungen alle die selben auswirkungen?

Nein. Es kommt zwar evtl zu Überschneidungen bei den Symptomen, aber es handelt sich um sehr individuelle Störungen, die sich schwer miteinander vergleichen lassen. Unter Cluster B – Störungen fasst man schlicht Persönlichkeitsstörungen zusammen die dramatisches, emotionales oder launenhaftes Verhalten aufweisen und unterscheiden sich hauptsächlich in ihrem Strukturniveau von Cluster A und C. Die Einteilung in Cluster wurde von der amerikanischen Psychologie übernommen und gilt als umstritten. Die Trennung der Cluster lassen sich empirisch nicht bestätigen (Livesley et. al., 1989). Außerdem fanden sich bei verschiedenen Studien (Loranger et al. 1994; Bronisch und Mombour 1994) häufige Mehrfachdiagnosen einzelner Persönlichkeitsstörungen, die die Clustereinteilungen überschreiten (Bronisch 1992) während andere Persönlichkeitsstörungen des selben Clusters deutlische Unterschiede zeigen. Ein gutes Beispiel für Clusterübergreifende Komorbidität ist die Kombination Borderline – abhänige/dependente Persönlichkeitssörung die relativ häufig auftritt.

10.) Wollen Borderliner ihre Partner finanziell ausnehmen oder sich aushalten lassen?

Nein! Meist ist das Gegenteil der Fall. Eine der Grundängste, die in der Borderlinestörung auftritt, ist die Angst vor Kontrollverlust. Was bedroht meine Autonomie mehr als finanzielle Abhängigkeit? Im Gegenteil sind Borderliner häufig äußerst erfolgreich in ihrem Beruf und versuchen eher ihre Partner von sich finanziell, existenziell Abhängig zu machen. Neben der Angst vor Kontrollverlust wird so auch die Angst vor dem Verlassenwerden gemindert. Es gibt sicher auch Ausnahmen, die sich wirklich finanziell aushalten lassen, doch handelt es sich dabei aus oben genannten Gründen eher um die deutliche Minderheit. Das kommt sogar bei „Gesunden“, bedingt durch das immer noch weit verbreitete gesellschaftliche Rollenmodell des Mannes als Versorger, häufiger vor.

 

Borderline Fragen und Antworten Teil II

Borderline Fragen und Antworten Teil III

Borderline Fragen und Antworten Teil II.

11.)    Haben Borderliner wirklich keine empathischen Fähigkeiten?

Hier ist es schwierig eine Antwort zu finden. Borderliner haben meistens sehr früh gelernt Empfindungen anderer wahrzunehmen. Es war i.d.R. sogar notwendig, um ihr Überleben zu sichern. Wenn man Empathie nur als Fähigkeit betrachtet, Emotionen beim Gegenüber wahrzunehmen, sind sie also sogar überdurchschnittlich ausgeprägt empathisch. Partner nehmen das meist wahr, indem der Borderliner sehr genau weiß, was der Partner wünscht. Gerade am Anfang einer Beziehung ist diese Fähigkeit besonders spürbar und macht die Beziehung so einzigartig intensiv. Was jedoch, gerade nach der Phase der Symbiose, fehlt ist die Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden. Dafür sind eigene Emotionen nötig und auf die haben Betroffene oft keinen Zugriff. Es kann auch vorkommen das sie so viel Emotionen von Mitmenschen aufnehmen, dass sie damit überfordert sind und sich deswegen davor schützen indem sie sich rabiat abgrenzen.

12.)    Leiden Borderliner nach Trennungen?

Auch wenn das nach außen hin gerne so scheint, entspricht es nicht unbedingt der Wahrheit. Borderliner leiden natürlich unter gescheiterten Beziehungen. Jedoch gibt es deutliche Unterschiede. Einer Trennung geht meist eine bestimmte Zerissenheit voraus, in dem der Betroffene ständig zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem Wunsch nach Distanz hin und her geworfen wird. Eine Trennung ist meist eine kurzfristige Möglichkeit diesen Druck, der durch die Zerissenheit entsteht zu lindern. Durch die Trennung ist der Schmerz, den diese Zerissenheit ausgelöst hat, erst mal beseitigt und man fühlt sich frei. Jeder Versuch von verlassenen Partnern in dieser Phase eine Änderung herbeizuführen, ist unweigerlich zum Scheitern verurteilt. Es nützt nicht an gute Zeiten zu appelieren, denn der Betroffene hat als Letztes nur die Anspannung durch diese Zerissenheit in Erinnerung und empfindet eine Wideraufnahme der Verbindung als Bedrohung. Wenn jedoch eine gewisse Distanz hergestellt ist, kommt es sehr wohl zu einem Gefühl des Verlustes, das je nach Ausprägung sehr heftig ausfallen kann. Es kommt häufig vor, dass im Borderliner in dieser Phase der Wunsch entsteht die Beziehung wieder aufzunehmen. Dieser Wunsch ist aber nicht unbedingt beständig.

13.)    Melden sich Borderliner immer nach Trennungen = Ping ?

Es kommt häufig vor, aber ist nicht immer der Fall. Wie unter Punkt 12.) beschrieben kann der Wunsch die Beziehung wieder aufzunehmen entstehen. Es kann auch sein das man, um seine Spaltung aufrecht erhalten zu können, Kontakt zum Ex-Partner aufnimmt, um Anfeindungen und Hass zu spüren. Dies sind Emotionen die dem Borderliner sehr vertraut sind und mit denen er gut umgehen kann. Es gibt jedoch zahlreiche Gründe, warum eine Trennung und der damit verbundene Kontaktabbruch dauerhaft ist.

  • Es ist ein neuer Partner da, der nun die ganze Aufmerksamkeit bekommt.
  • Der Borderliner fühlte sich vom Partner so erdrückt, dass man sich ohne Kontakt freier fühlt.
  • Aus Schuldgefühlen schämt sich Borderliner zu sehr, um mit dem Ex-Partner in Kontakt zu treten.
  • Der Borderliner empfindet den Partner als Bedrohung.
  • Der Borderliner versucht sich selbst zu stabilisieren und ist deswegen in seiner Konzentration einzig und allein bei sich.

 14.)    Wollen Borderliner ihre Ex-Partner verletzen?

Das kann wirklich vorkommen. Vor allem wenn der Betroffene Hass und Erniedrigung entgegengebracht bekommen will, um Bestätigung für seine Abwertung und die Entscheidung sich zu trennen sucht. Es fällt Borderlinern leichter sich zu trennen, wenn eine Beziehung in Hass auseinander geht. Der Grund dafür ist, dass Hass eine ebenso starke Emotion wie Liebe ist. Hass verbindet und auch nach einer Trennung sucht der Betroffene einen Weg zu seinen Gefühlen. Meistens ist es jedoch so, dass Borderliner nach einer Trennung erst mal mit sich selbst beschäftigt sind. Die Trennung erfolgt ja gewöhnlich aus einer existenziellen Not heraus. Darum ist der Borderliner, die erste Zeit der Trennung, damit beschäftigt sich selbst zu stabilisieren. Ex-Partner nehmen dieses Verhalten häufig als eiskalten Egoismus wahr, was es auf gewisse Weise auch ist. Der Betroffene hat dabei aber weniger die Verletzung des Ex im Sinn, als vielmehr sein eigenes Überleben zu sichern. Gerade der verlassene Partner ist in der Anfangszeit der frischen Trennung noch sehr mit der Beziehung verhaftet, da er aus Liebe ständig im Gedanken beim Partner ist. Der Betroffene hingegen versucht sich in dieser Zeit selbst zu schützen und beschäftigt sich i.d.R. einzig mit sich selbst. Natürlich ist dieser Unterschied für beide Seiten deutlich wahrnehmbar und sorgt auf beiden Seiten für Unverständnis.

15.) Stellen sich Borderliner immer als Opfer dar?

Wie das Modell des Dramadreiecks wunderbar zeigt, ist die Wahrnehmung in welcher Rolle ich mein Gegenüber sehe davon abhängig, in welcher Rolle des Dreiecks ich mich selbst sehe.

  • Wenn ich mich selbst als Retter empfinde, werde ich mein Borderline-Gegenüber gerne als Opfer sehen, dem ich helfen will.
  • Wenn ich ein Verlassener Partner bin werde ich mich selbst als Opfer des Borderliners sehen und selbigen zum Täter machen.
  • Es kann sogar vorkommen das ich mich selbst schuldig fühle und deswegen mein Borderline-Gegenüber als Opfer deklariere.

Es gibt keine wirkliche feste Rolle in diesem Modell. Sie unterliegt immer einer gewissen Dynamik.

16.) Ist Borderline wirklich unheilbar?

Ja, das stimmt. Wenn man sich jedoch in Therapie begiebt und hart an sich arbeitet, ist es möglich, die Symptome so weit in den Griff zu bekommen, dass sie nicht mehr spürbar auftreten müssen. Allerdings braucht man dafür Geduld. Es dauert einige Jahre bis eine spürbare Verbesserung erkennbar ist.

17.) Wurden alle Borderliner sexuell Missbraucht?

Nein, es ist zwar richtig, dass sexueller Missbrauch im Kindesalter ein Auslöser für Borderline sein kann, es sind jedoch immer mehrere Ursachen warum Menschen eine Persönlichkeitsstörung entwickeln. Es ist ebenso falsch zu behaupten, alle Borderliner wurden missbraucht, sowie, dass alle Missbrauchsopfer Borderliner sind.

18.) Ist Borderline eine reine Frauenkrankheit?

Nein, Borderline wird zwar bei Frauen etwas häufiger diagnostiziert, dies hat aber weniger damit zu tun, dass es sich um eine Frauenkrankheit handelt, sondern das Frauen eher bereit sind, sich in therapeutische Behandlung zu begeben. Derzeit geht man davon aus, dass etwa 1/3 der Betroffenen Männer sind. Berücksichtigt man die Dunkelziffer, die sich aus Scham nicht mit einer Emotional Instabilen Persönlichkeitsstörung auseinandersetzen können, kann man fast von einem Verhältnis von 50:50 ausgehen.

19.) Manipulieren Borderliner?

Ja, dem ist leider so. Allerdings nicht so zielgerichtet und absichtlich wie es gerne behauptet wird. Ursache für die Manipulationen von Borderlinern sind ihre Ängste. So versuchen sie zum Beispiel durch Manipulation zu verhindern, dass sie verlassen werden. Hinter dem Manipulationsverhalten stecken fast immer Existenzängste.

20.) Sind Borderliner unzuverlässig?

Ja, auch das ist leider in bestimmter Weise richtig. Borderliner versuchen festen Vereinbarungen aus dem Weg zu gehen. So fühlen sie sich bei Zusagen häufig unter Druck gesetzt, an dem Termin auch wirklich „funktionieren“ zu müssen. Das mag für „normale“ Menschen schwer nachvollziehbar sein, da ja auch andere Menschen bei der Terminabsprache nicht wissen können, wie es ihnen an diesem Tag geht, doch bei Borderlinern ist die Angst davor zu versagen und einen Termin nicht einhalten zu können so immens, dass sie sich ab dem Zeitpunkt der Absprache massiv unter Druck setzen. Ein weiterer Grund für ihre Unzuverlässigkeit ist ihre Sprunghaftigkeit. Was heute noch eine schöne Sache sein kann, auf die man sich freut, kann Morgen schon ganz anders aussehen. Borderliner sind nicht fähig, die dafür nötige Objektkonstanz zu entwickeln, sondern unterliegen ihrer Impulsivität, was Planungen zusätzlich erschwert. Besser, man plant mit Borderlinern nie länger als maximal 1 Woche im Voraus.

 

Borderline Fragen und Antworten Teil I

Borderline Fragen und Antworten Teil III

   

Borderline Fragen und Antworten Teil III.

21.) Ist Borderline eine Modediagnose?

Diesen Eindruck kann man leicht gewinnen. Borderline ist eine sehr komplexe Störung, die noch dazu selten alleine auftritt. Sie ist sehr schwierig zu diagnostizieren, selbst Fachpersonal wie Psychologen, Psychater, Psychoanalytiker  und Therapeuten fällt eine Diagonse oft schwer und muss über mehrere Sitzungen hinweg erarbeitet werden. Wenn schon Experten Schwierigkeiten haben, eine gesicherte Diagnose zu erstellen, erstaunt es, wie häufig Angehörige oder Partner von Borderline sprechen. Es gibt viele Gründe, warum selbst langjährige Beziehungen plötzlich beendet werden können. Als Beispiel will ich nur die berühmte „Midlife Crisis“ nennen. Auch bei schwierigen, „hässlichen“ Trennungen, muss nicht immer Borderline zu Grunde liegen. Auch auf das „Fremdgehen“ haben Borderliner kein Monopol.

Es ist verständlich, dass Ex-Partner eine logisch greifbare Begründung für das Scheitern ihrer Beziehung suchen. Doch in den seltensten Fällen, handelt es sich dabei wirklich um Borderline. Teilweise kommt es sogar zu „paranioden Symptomen“, in denen jedem Menschen im Umfeld, Borderline „diagnostiziert“ wird.

Ausserdem hört man häufig, dass ein Therapeut/Psychologe anhand von Erzählungen eines Angehörigen, eine Ferndiagnose stellt. Wenn man betrachtet, dass Therapeuten, die mit Borderlinern arbeiten, mehrere Sitzungen brauchen, um eine gesicherte Diagnose zu stellen, halte ich diese „Ferndiagnosen“ für fragwürdig.

22.) Sind Borderliner dumm/verrückt?

Nein, eine Borderlinediagnose sagt nichts über den Intellekt des Betroffenen aus. Es gibt zwar inzwischen Studien, die eine erhöhte Anzahl an Hochbegabten und ausserordentlicher Kreativität nachweisen, doch ist dies in keiner Weise für alle Borderliner zutreffend. Genau so unterschiedlich ist auch der Erfolg in ihrer beruflichen Tätigkeit. Borderline zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten.

23.) Gibt es bei Borderlinern wirklich nur Schwarz und Weiß?

Ja, das ist richtig. Borderliner leben nur in den Extremen. Es ist zwar vermutlich so, dass sie wie jeder andere Mensch auch Phasen haben, die man als „grau“ bezeichnen könnte, also eine „Mitte“ haben, doch sie können diese nicht spüren. Diese „Mitte“ fehlt ihnen komplett in ihrer Wahrnehmung. Die heftigen Schwankungen zwischen den Extremen, sind ebenfalls damit zu erklären. Da sie nur Extreme wahrnehmen können, merken sie erst, dass ihre Stimmung kippt, wenn die Toleranzgrenze überschritten ist. Es ist ihnen dadurch nicht möglich warnend auf ihre Schwankungen hinzuweisen. Wenn sie die Gefühle warnehmen befinden sie sich bereits auf höchstem Emotionslevel.

24.)    Als letztes fasse ich mehrere Mythen zusammen, die keiner tieferen Betrachtung dürftig sind.

Borderliner haben kein Gewissen: Sie haben ein eben so ausgeprägtes Gewissen, wie andere Menschen auch. Ich kenne sogar einige (mich eingeschlossen), die an einem übertriebenen/überzeichneten Gerechtigkeitssinn/Gewissen leiden.

Borderliner haben keinen Körpergeruch: Wie ulkig ist das denn? Ich wäre glücklich wenn dem so wäre, vor allem nach dem Sport. Borderliner duften/stinken wie jeder andere Mensch auch.

Borderliner dürfen nicht Autofahren: Bin seit 1991 im Besitz meiner Fahrerlaubnis und unfallfrei und ich bin keine Ausnahme. Die absolute Mehrheit der mir bekannten Borderliner fahren Auto.

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass es DEN Borderliner als Prototyp nicht gibt. Borderlinepersönlichkeiten sind genau so individuell, wie alle anderen Menschen auch. Natürlich leiden sie an Symptomen, die es überhaupt erst möglich machen eine Diagnose zu stellen. Was bei allen Betroffenen der Auslöser ist, sind die frei flottierenden Ängste, doch wie sich diese Ängste bemerkbar machen und wie der Betroffene damit umgeht, ist äußerst unterschiedlich.

Borderliner sind zu aller erst einmal Menschen, auch wenn das ihnen gerne abgesprochen wird. Borderline ist eine Krankheit, die sie sehr beeinflusst, aber niemals einzig und allein ein Abbild ihres Charakters ist. Die Störung beeinflusst auf gewisse Weise den Charakter eines Betroffenen, ist jedoch nicht ausschließlich für jedes Verhalten, dass er zeigt verantwortlich. Es ist mir ein Anliegen deutlich zu machen, dass nicht jedes Verhalten eines Borderliners repräsentativ für alle Borderliner ist.  Wenn man unhaltbare Behauptungen über eine Gruppe von Menschen trifft, handelt es sich nicht um Erkenntnis, sondern um Diskrimminierung.

Genauso wenig wie Borderline als Freibrief für jede schlechte Eigenschaft eines Betroffenen hergenommen werden darf, ist es in der heutigen Zeit nicht angebracht aufgrund des Fehlverhaltens eines Betroffenen, über alle eine Generalschuld auszusprechen.

Auf gut Deutsch: Nur weil Ihr Expartner Borderliner war und sich wie ein „Arschloch“ aufgeführt hat, bedeutet das nicht, dass sich alle Betroffenen wie „Arschlöcher“ benehmen.

Borderline Fragen und Antworten Teil I

Borderline Fragen und Antworten Teil II