Borderline-Persönlichkeitsstörung: Eigentlich ist dieser Begriff nicht mehr aktuell, denn das was man eigentlich unter Borderline versteht nennt man korrekt:
„Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline“.
Der Begriff Borderline ist jedoch immer noch am weitesten verbreitet, weswegen er auf der Seite auch gehäuft auftauchen wird.
Wenn man nach Infos zum Thema sucht beginnen fast alle gefundenen Beiträge mit den Worten: „Borderline ist eine Störung die damals zwischen Neurose und Psychose angesiedelt wurde.“
Es ist nicht unbedingt wichtig das zu wissen, auch wenn es vermutlich in Beiträgen auch hier irgendwo mal stehen wird.
Hauptaugenmerk dieses Bereiches des Blogs sollte jedoch sein:
Was ist Borderline eigentlich? Hier findet man die Diagnosekriterien der Störung nach ICD10 und DSM IV. Die Symptome der Störung und Komorbiditäten (Begleiterkrankungen).
Wie macht es sich bemerkbar? Hier geht es weniger um Symptome, die sind im vorherigen Kapitel ausführlich beschrieben. Es geht hier um psychodynamische Abwehrmechanismen auf die Borderliner gehäuft zurückgreifen und ähnliches.
Wie kommt es zu Borderline? Hier werden die bisher gängigen Ursachen zur Entstehung einer Borderline-Störung genannt.
Allgemeine Infos zum Thema Borderline. Hier findet man Berichte über aktuelle Studien, Zahlen, Fakten und ähnliches.
Ziel der Kategorie „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ ist es, mit möglichst verständlichen Worten, ein verständliches Abbild dieser Störung darzustellen und dabei auf die üblichen stigmatisierenden Stereotype zu verzichten.
Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung.
Stimmungswechsel sind durchaus normale Vorgänge die auch bei gesunden Menschen häufig vorkommen. Für gewöhnlich sind immer innere und äußere Bedingungen für unsere wahrgenommenen Stimmungen verantwortlich. Borderliner reagieren auf äußere oder innere Reize extrem. Durch Ihre Wahrnehmung fühlen sie sich schnell verletzt oder angegriffen und werden aggressiv. Durch ihre Unbeständigkeit fällt es Ihnen schwer sich Ziele zu setzen und so fühlen sie sich oft Wertlos und verzweifelt. Problematisch ist besonders, dass extrem ambivalente Gefühle zur selben Zeit wahrgenommen werden können, was in einer deutlich zu bemerkenden Instabilität der Stimmungen wahrgenommen werden kann. Ein Borderliner kann eine Person zur selben Zeit lieben und hassen. Der Wechsel zwischen Euphorie und Depression kann innerhalb kürzester Zeit stattfinden, dass es dem Umfeld unmöglich ist darauf adäquat zu reagieren.Borderliner können Gefühle nur in Extremen wahrnehmen. Gefühle wie z.B. Liebe, Wut, Schuld oder Trauer wirken, wenn sie der Betroffene endlich fühlen kann so stark, dass er den daraus resultierenden Stimmungsschwankungen vollkommen ausgeliefert ist. Zu einer vernünftigen Stimmungsregulierung, wie es gesunde Menschen beherrschen, ist ein Borderliner schon alleine deshalb nicht fähig, weil er von seinen Empfindungen überschwemmt wird. Es können nur extreme Gefühle wahrgenommen werden und so bedeutet jede emotionale Wahrnehmung Streß.
Natürlich regieren Partner oder Angehörige auf diese plötzlich auftretenden Stimmungsschwankungen mit Unverständnis oder Sorge, was die Symptome natürlich nachvollziehbar verstärkt.
Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassen werden zu vermeiden.
Ein Borderliner ist, aufgrund seiner gestörten „Ich-Wahrnehmung“, nicht in der Lage, alleine ein Gefühl für die Realität seiner Existenz zu entwickeln. Die Fähigkeit sich alleine als Individuum wahr zu nehmen setzt eine innere Sicherheit voraus. Zu dieser inneren Sicherheit ist ein Borderliner, aufgrund seiner Frühkindlichen Entwicklung nicht fähig.Grundsätzlich ist der Betroffene ständig auf der Suche nach Geborgenheit und Verständnis. Wenn ihm dies ein Mensch geben kann versucht der Betroffene eine tiefe Verbindung zu dieser Person herzustellen (Symbiose). Eine wichtige Rolle in dieser Verbindung spielt die Fähigkeit, nicht anwesende Personen trotzdem zu spüren (Im Herzen zu tragen). Dies geschieht in der Regel mit Hilfe von Erinnerungen wie Bilder, Objekte die dem Partner gehören oder durch verbundene Emotionen wie Erwartung und Sehnsucht. Da Borderliner nur in Symbiose Zugriff auf ihre Emotionen haben, wird oft schon ein vorübergehendes Fehlen der Verbundenheitsgefühle als dauerhafte Isolation wahrgenommen.
Aus diesem Grund erleben Borderlinepersönlichkeiten immer wieder starke Angst von diesen Bezugspersonen verlassen zu werden, wenn die Ausbildung dieser festen Verbundenheit ausbleibt. Diese Angst sorgt dafür, dass der Betroffene verzweifelt versucht dieses Verlassen werden zu verhindern. Oft werden dabei Mechanismen wie Manipulation, Drohung und Druck eingesetzt, oder es kommt zu Abhängigkeit die bis zur absoluten Selbstaufgabe führen kann.
Wie der Betroffene diese Verlustangst wahrnimmt hängt davon ab wie das Verhalten der Eltern gegenüber dem Kind während der Frühkindlichen Entwicklungsphase war. Eine grundlegende Rolle dabei spielt, wie Abhängigkeit, Gehorsam und Unterordnung erlebt werden. Ein Borderliner reagiert dabei jedoch nicht nur auf die objektive Realität, sondern auch auf subjektive phantastische Wahrnehmung, die auch positiv gemeinte Bemühungen im Erleben ganz anders darstellen kann. Werden Borderlinepersönlichkeiten trotz ihrer Bemühungen letztendlich trotzdem verlassen, erleben sie extrem intensive emotionale Krisen, die wiederum andere Muster in Ihnen aktivieren.
Borderliner sind ständig auf der Suche nach Geborgenheit, Verständnis, Aufmerksamkeit und Vertrauen. Verständlicher Weise löst ein Streit diese Verlustängste besonders stark aus. Es ist dabei vollkommen irrelevant wer der Auslöser der Auseinandersetzung war. Gerade in dieser Situation braucht der Betroffene Aufmerksamkeit und Zuneigung, was er dann jedoch verständlicher Weise nicht bekommt. Um sich zu schützen flüchtet sich die Borderlinepersönlichkeit darum gerne ins andere Extrem und wertet den Partner energisch, bis hin zur Abspaltung, ab.
Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist.
Betroffene zeigen manchmal einerseits eine überdimensionale Angst vor Trennungen und andererseits Furcht, Intimität zuzulassen. Dies führt zu instabilen Beziehungen. Der permanente Wunsch nach Nähe, Geborgenheit und Versorgt werden, geht mit der Angst einher, völlig vereinahmt zu werden, was ein ständiges Tauziehen dieser beiden Seiten bedeutet. Borderline-Beziehungen folgen immer einer bestimmten Dialektik, also einer Abfolge von Wiedersprüchen. Häufig haben Betroffene einfach eine zu große Panik davor nahestehende Menschen an sich heran zu lassen, aus Angst sich so stark an andere Personen zu binden, dass eine Trennung neue seelische Narben hinterlassen könnte.Diese Probleme müssen sich nicht in allen Formen der zwischenmenschlichen Beziehungen auffällig werden. Borderliner sind i.d.R. nicht so stark sozial gestört das sie
nicht erfolgreich im Berufsleben sein können. Die Probleme entstehen nahezu ausschließlich in persönlichen, emotionalen Bindungen. Je intensiver oder intimer die Verbindung wahrgenommen wird, umso heftiger reagiert der Betroffene auch in seiner Zurückweisung. Für gewöhnlich nimmt die Borderlinepersönlichkeit diesen Widerspruch selbst war, was zusätzlich schwer für ihn zu ertragen ist. Auch für Partner ist dieser ständige Wechsel zwischen Wunsch nach Nähe und Distanz schwer zu ertragen. Werden die widersprüchlichen Bedürfnisse von der Umgebung nicht erfüllt, kommt es rasch zu einer Abwertung. Instabile, kurze Beziehungen sind die Folge. Kleinste Zurückweisungen werden als Enttäuschung erlebt und führen in Beziehungen schnell zu einem generellen Mißtrauen, das sich mit jedem Widerholen zu einem Menschenhass (Misanthropie) entwickeln kann.
Angehörige und Partner von Borderlinern wissen oft nicht mit diesem Ständigen wechsel von Idealisiert – und abgewertet werden umzugehen. Auch „normale“ Menschen gehen mit diesem Verhalten unterschiedlich um. Entweder sie ragieren mit übertriebener Anteilnahme und Rücksichtnahme, was der Borderliner ebenfalls nicht ertragen kann. Für sie ist die Fürsorge eine Gratwanderung zwischen zu viel und zu wenig. Eine Lösung dafür gibt es nicht wirklich.
Typische Muster in der Borderline-Beziehung:
Kontakte nicht zu pflegen, sich oft mehrere Tage, Wochen, Monate nicht bei angeblich Nahestehenden Personen zu melden.
Flucht, einfach die Beziehung, oder auch die nähere Umgebung zu verlassen, ohne eine Aussprache zu suchen. Sehr oft kommt der Wunsch vor, irgendwo ein neues Leben zu beginnen.
Manipulatives Verhalten aus Kontrollbedürfnis um den Partner bei sich zu halten, ohne ihn näher an sich heran zu lassen. Oft Verbunden mit Drohung von Trennung, Selbstverletzung oder Suizid.
Die Bindungen werden gerne auch unterschiedlich intensiv wahrgenommen. Sie sind abhängig davon, welche Funktion diese Bindung für den Betroffenen zu erfüllen hat. Die
Kontinuität von Bindungen ist von der grundsätzlichen Akzeptanz des Partners abhängig. In jeder Beziehung tauchen nach einiger Zeit Widersprüche und Störungen auf und können dann nur durch „Verhandlungen“ aufgelöst werden, womit die Beziehung dann immer wieder neu definiert werden muss.
Die Sprunghaftigkeit in engen Beziehungen wirkt sich sogar auf die Zusammenarbeit mit Therapeuten aus. Auch hier kann der Betroffene von anfänglicher Idealisierung bis hin zu Verachtung und totaler Ablehnung reagieren. Deshalb brechen viele Patienten die Therapie ab, oder können sich nicht erfolgreich auf die Bemühungen des Therapeuten
einlassen.
Identitätsstörungen- die Schwierigkeit zu beschreiben, wer und wie ich in Wirklichkeit bin.
Ein stabiles Identitätsgefühl zu haben ist Voraussetzung, andauernd in grundlegender Übereinstimmung mit sich selbst zu sein. Wenn man aufgrund seiner Entwicklung ein unsicheres oder gar kein Identitätsgefühl hat, dann fehlt dieses Gefühl der Übereinstimmung mit sich selbst.Genauso wie Betroffene andere Menschen als „nicht immer gleich“ erleben, sind sie auch von sich selbst, aufgrund der fehlenden eigenen Identität, oft irritiert. Dies wirkt sich in allen Bereichen aus in denen der Betroffene eine Entscheidung treffen muss die besonders Langzeitziele betreffen.
Das „Ich“ beinhaltet folgende Elemente:
Das Selbstbewusstsein (wer bin ich?)
Der Selbstwert (was bin ich mir und anderen Wert?)
und das Selbstbild (wie nehme ich mich war?)
Bezüglich ihrer eigenen Selbstbewertung und ihrer Eigenschaften besteht für Borderlinepersönlichkeiten eine schwankende Wahrnehmung. Auch dort erleben sie nur Extreme, die von Überkompetent bis hin zu schlichtweg Dumm und unfähig wechselt. Borderliner fühlen sich dann nie als das, was sie einmal waren, oder schlicht sind, sondern sind in der Not sich ständig neu beweisen zu müssen.
Gerade durch dieses Verhaltensmuster wirken Betroffene beständiger als sie in Wirklichkeit sind.
Die Unsicherheit, sich selbst gegenüber, kann durch diese Hartnäckigkeit immer wieder kompensiert werden, ohne jedoch langfristig eine Verbesserung zu bewirken.
In andauernden Phasen gefühlter Leere kann es, aufgrund der fehlenden „Ich- Identität“, zu größeren dissoziativen Symptomen kommen. Das bedeutet das man keinerlei Bezug zu sich und seinem Körper mehr hat und sich selbst wie aus 3. Person wahrnimmt. Man fühlt sich fremd in sich selbst und oft haben Betroffene das Gefühl sich nur durch Selbstverletzung wieder in Einklang zu bringen. Besonders Auffällig ist die fehlende Identität in der Sprunghaftigkeit der Betroffenen. Es fällt ihnen schwer eine eigenständige
Meinung zu bilden und diese auch dauerhaft zu halten. Diese Wechselhaftigkeit der Gefühle oder Entscheidungen wirkt auf Angehörige und Partner sehr irritierend. Wenn man Betroffene jedoch auf diese Eigenschaft anspricht reagieren sie für gewöhnlich nicht sehr zugänglich auf die Kritik. Die Borderlinepersönlichkeit entscheidet für gewöhnlich impulsiv so, wie es ihr gerade geht, was natürlich von einem Moment zum nächsten anders sein kann.
Potenziell selbstschädigende, häufig impulsive Handlungen wie zb: übermäßiges Geldausgeben, häufig wechselnde sexuelle Kontakte, Drogenmißbrauch, Diebstahl, rücksichtsloses Fahren & Eßstörungen.
Der Grund, warum Borderliner zu selbstschädigendem Verhalten zurückgreifen ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Betroffene haben den Drang, fast allem aus dem Weg zu gehen. Dieser Mechanismus läßt sich mit Alkohol- und Drogenmißbrauch aufrechterhalten. Die Suchtanfälligkeit ist bei Borderlinern im Vergleich zu „Normalen“ Menschen ungleich höher. Meist führt dies zu einer Verschlechterung des Selbstwerterlebens, was letztendlich die anderen Symptome der Krankheit noch verstärkt.Es ist große Hilflosigkeit die Betroffene zu diesen Verhaltensmuster treibt, die ihnen langfristig mehr Schadet, als es ihnen kurzfristig helfen konnte. Selbstschädigendes Verhalten ist weit mehr als nur das berüchtigte Schneiden oder Ritzen, das in einem anderen Text genauer erklärt wird. Sehr häufig kommt es zu Essstörungen wie übertriebenes, absichtliches Hungern, oder Freßanfälle.
Durch impulsive Kaufräusche wird evtl. versucht sich kurzfristig Glücksgefühle zu verschaffen. Man kann auf fast alles eine Stoffliche – oder nichtstoffliche Sucht entwickeln.Was jedoch bei Borderlinern auffällig häufig vor kommt ist das „switchen“ zwischen den verschiedenen Methoden. Wenn sich der Betroffene z.B. bewusst wird das sein Alkoholkonsum Überhand nimmt, kann er den Alkohol jederzeit durch anderes ersetzen. Oft ist ihm dies nicht einmal bewusst. Es kommt auch häufig vor das man, je nach Ursache zu einer anderen Sucht zurückgreift.Die meisten Borderliner die ich kenne leiden an einer Essstörung. Eigentlich kenne ich genauer gesagt keinen Betroffenen der keine hat. – Es ist jedoch nicht als klassisches Symptom diagnostiziert, da Essstörungen auch ein Generationsproblem darstellen.
Betrachtet man nur einmal die Definition des Wortes:
„Symbiose (von altgriechisch σύν sýn ‚zusammen‘ sowie βίος bíos ‚Leben‘)bezeichnet in Europa die Vergesellschaftung von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist.“ – Quelle: Wikipedia
… erkennt man erst einmal nur das Positive an der Verbindung. Doch wie alles im Leben hat auch die Symbiose zwei Sichtweisen.
„Die Psychoanalyse betrachtete die Symbiose zwischen Mutter und Kind als eine normale Entwicklungsphase. Im Jahr 1945 beschreibt der österreichisch-amerikanische Psychoanalytiker und Säuglingsforscher René Arpad Spitz die Symbiose in der Mutter-Kind-Beziehung, ähnlich später auch z. B. Margaret Mahler. Sie definiert den Beginn der symbiotischen Phase etwa im zweiten Lebensmonat, innerhalb der oralen Phase. In dieser Zeit ist das Kind körperlich und seelisch von der Mutter abhängig. Es erlebt sich noch als mit der Welt verbunden. Es kann noch nicht zwischen Innen und Außen unterscheiden, zwischen sich und Gegenständen, zwischen sich und der Mutter. Es erlebt die Mutter noch als Teil seiner Person, sich als untrennbare, symbiotische Einheit mit ihr. Die Mutter muss sich in die Bedürfnisse des Kindes einfühlen, um für deren Befriedigung sorgen zu können, da sie dem Kind selbst noch nicht bewusst sind. Steht die Mutter dem Kind in der symbiotischen Phase angemessen zur Verfügung, kann es das grundlegende Sicherheitsgefühl und Urvertrauen entwickeln. Diese Beziehung zwischen Mutter und Kind bildet die Grundlage für spätere Beziehungen. Die symbiotische Phase löst sich bei gelungener Entwicklung im 5. bis 6. Monat. Das Kind tritt in die anschließende Phase der Loslösung und Individuation/Selbstwerdung ein, um zu einem eigenen, von der Mutter abgetrennten Individuum zu werden.“ – Quelle: Wikipedia
Wenn ein Kind diese Entwicklung nicht abschließen kann, sei es weil die Bindung zur Mutter fehlt, oder weil die Abtrennung nicht stattfindet kommt es zu einer Störung in der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit. In dieser Phase werden die Wurzeln für eine spätere Persönlichkeitsstörung gelegt. Eine Borderline-Persönlichkeit bleibt hier, in der Entwicklung eines eigenen Ich´s, stehen und sucht somit ein Leben lang nach Symbiose. Borderliner haben aufgrund dieser fehlenden, frühkindlichen Entwicklung kein selbstständiges „Ich“. Alleine empfindet er sich unkomplett, was sich oft in dem Gefühl der Leere ausdrückt. Nur in Symbiose kann sich der Borderliner komplett fühlen, da ihm
die fehlenden Fragmente durch den Partner gespiegelt werden. Eine Symbiose ist die Innigste und tiefste Form einer Paarbeziehung, da man sich darin durch die fehlenden Grenzen teilweise als eine Person sieht. Es ist dadurch auch schwierig sich selbst noch als eigenes Individuum war zu nehmen, was dazu führt das man schnell in eine Art Abhängigkeit gerät.
Ein Kind das aus der Symbiose zur Mutter „gerissen“ wird, versucht die Symbiose zu ersetzen. Es versucht eine Symbiose zur Welt zu schaffen, mit anderen Personen oder auch Dingen. Oft zieht sich dieses Verhalten bis ins Erwachsenenalter fort. Aus Angst die Person mit der man eine symbiotische Verbindung hat zu verlieren versucht man eine Symbiose zu vielem oder allem zu schaffen. Eine andere Form der Verdrängung ist, sich in eine Imagination zu flüchten. Nüchtern betrachtet ist auch die Weltverbundenheit eine Illusion. Für den Moment kann auf diese Weise eine gewisse tiefe erreicht werden,
aber da sie eine große Oberflächlichkeit beinhaltet und nie die tiefe einer Symbiose
erreichen kann, bleibt hinterher ein unbefriedigendes Gefühl. Betroffene versuchen diesen Mangel durch möglichst viel Kontakt mit anderen Menschen zu kompensieren. So wird eine Abhängigkeit zu einer Person durch eine Abhängigkeit durch viele ersetzt. Vorteil dieser Form ist, dass der Verlust des Partners als nicht so schwer wahr genommen wird. Auf diese Weise bleibt jedoch das Gefühl der Abgetrenntheit bestehen, auch wenn sie kurzfristig durch den oberflächlichen Kontakt erreicht werden kann. Dies erzeugt das Gefühl alleine zu sein, auch wenn man sich unter vielen Freunden aufhält.
Borderliner haben nur in Symbiose wirklich Zugriff auf ihre Emotionen – und auch wenn es sich wie ein Widerspruch anhört, nur in Symbiose können sie ein Ego entwickeln. Es handelt sich hierbei um eine These von mir, die ich auf folgende Weise versuche zu begründen.
Um ein Ego zu entwickeln brauche ich Zugriff auf meine Gefühle, muss meine Bedürfnisse spüren können. Was ich nur in Symbiose kann.
Nur in Symbiose spüre ich Glück, Frieden, Geborgenheit oder Freude. Alles Gefühle die man meiner Meinung nach zur Entwicklung eines Egos benötigt.
In Symbiose habe ich Lebensfreude und entwickel das Interesse für mich wichtige Ziele zu setzen.
Natürlich wäre es schön das alles auch alleine zu erreichen. Realistisch ist das einem
Borderliner jedoch nicht möglich, da er diesen Prozess in der Entwicklung seiner Persönlichkeit nie erreichte. Mir ist kein Betroffener bekannt der das je ändern konnte. Bestenfalls arrangieren sie sich mit diesem Mangel und akzeptieren ihre Unvollkommenheit.
Sollte man nun den Wunsch nach Symbiose unterdrücken um nicht in Abhängigkeit zu geraten? – Meine persönliche Meinung ist sich nicht dagegen zu wehren und zu akzeptieren, dass man diese Verbundenheit braucht. – Die Kunst liegt darin sich nicht in den typischen Mustern wie Idealisierung und Abspaltung zu verlieren und sich selbst als Individuum bewusst zu werden, was trotz der Verschmelzung nicht unmöglich ist.
Mit „emotionales Gedächtnis“ wird die Funktion des menschlichen Hirns bezeichnet, in der bestimmte Reize (Erinnerungen) eine Emotion hervorrufen.
Im positiven Sinne ist ein Mensch zum Beispiel dadurch in der Lage, durch betrachten von Bildern die mit schönen Erinnerungen verbunden sind, diese Gefühle erneut zu spüren.
Das emotionale Gedächtnis kann jedoch auch konditioniert werden und hat dann mit der tatsächlichen Situation die dieses Bild darstellt nichts mehr zu tun. Dies ist der Fall wenn man sich zum Beispiel ein Bild anschaut, dass einen Moment des Glücks mit einem Partner zeigt und man jedoch Schmerz fühlt weil die Verbindung nicht mehr existiert.
Gerade Borderliner haben von Grund auf ein Problem an ihre Emotionen zu kommen. Deswegen funktionieren diese positiven Trigger i.d.R. nicht bei Ihnen. Im besten Fall kann der Borderliner beim betrachten von Erinnerungen sich noch ins Gedächtnis rufen, dass er in diesem Moment Glücksgefühle hatte, aber ihm fehlt die Fähigkeit diese erneut zu erleben.
Im negativen Sinne funktioniert das emotionale Gedächtnis als neurologische Grundlage der Furchtkonditionierung aus der letztendlich pathologische Angst entsteht. So verbinden wir bestimmte Reize mit Situationen in denen wir schlechte Erfahrungen gemacht haben. Der Reiz ansich muss dabei nicht wirklich mit der tatsächlichen Situation in Verbindung stehen. Reize, die so etwas in uns auslösen sind auch unter den Begriff Trigger bekannt. Ein Beispiel dafür, ein Mensch der panische Angst vor Zahnärzten hat und das Geräusch einer Kreissäge in einer Schreinerei hört bringt dieses Geräusch gerne mit dem Bohrer des Zahnarztes in Verbindung der ihm Schmerz verursachte. Die Situation und der Ort hat nichts mit dieser Erinnerung zu tun, allein das Geräusch reicht um
dieses Gefühl hervorzurufen.
Wirklich glücklich können sich Menschen schätzen die in der Lage sind auf ein unkonditioniertes emotionales Gedächtnis zurück zu greifen. Sie haben die Fähigkeit sich nicht nur schöne Erinnerungen zu bewahren, sondern auch die dazu gehörigen Gefühle erneut nachzufühlen, was die Erinnerungen deutlich aufwertet und wertvoll macht.
Eben noch befand man sich in einem Gefühlschaos, war überfordert mit den Emotionen die fast minütlich wechselten. Man litt darunter, aber wenigstens fühlte man sich dadurch auch Lebendig. Man hatte Zugriff auf seine Seele, konnte sich spüren. Durch den idealisierten Partner konnte man sich die „schönen“ Gefühle, wie Liebe, Freude, Stolz, Geborgenheit spiegeln lassen und man fühlte sich damit komplett. Gerne nahm man damit auch die anderen, negativen Emotionen im Kauf die durch die damit verbundene Verlustangst ausgelöst wurden. Das Leben glich zwar einer Achterbahnfahrt, aber man fühlte sich wenigstens, ohne auf destruktive Mittel wie Selbstverletzung, zurück greifen zu müssen.
Wenn das Gefühl der innigen Verbindung zu einem Menschen, die sogenannte Symbiose, verschwindet, gibt es bei einem Borderliner zwei Möglichkeiten wie damit umgegangen wird. Entweder der Betroffene geht in die Abwertung und baut sich Hassgefühle gegen den Partner auf. Die Person die eben noch alles für einen bedeutete wird nur noch als Negativ wahr genommen. Man nennt es auch gern das sie von „weiß“ auf „schwarz“ wechselt. Man versteht sich selbst nicht mehr und versucht Distanz zu schaffen. Hass und Wut sind zwar
negative Emotionen, aber auch das ist letztendlich wenigstens noch etwas, wo man sich fühlen kann.
Viel schlimmer wird es wenn man in dieses berüchtigte Gefühl der Leere abgleitet. Man kann es so beschreiben das man sich selbst nicht mehr wirklich wahrnehmen kann. Man verliert jeden Bezug zu sich und zu seinem Körper. Egal was passiert man fühlt nichts mehr. Alles wo man zuvor Gefühle erleben konnte wird durch einen Zustand ersetzt der sich am besten mit „Es ist alles egal!“ erklärt werden kann. Nichts hat mehr eine Bedeutung. Egal ob gutes oder schlechtes passiert, es bewegt einen nicht mehr. So richtig ekelhaft daran ist das es auch keine Lebensfreude mehr gibt. Alles wo man Früher mit Freude bei der Sache war verliert jegliche Bedeutung. Eine wirkliche Interaktion mit anderen Menschen ist nicht mehr möglich.
Es ist schwer für gesunde Menschen sich vorzustellen wie sich diese Leere im Körper anfühlt, denn es gilt als normal das man immer Zugriff auf seine Emotion hat, doch bei einer Borderline-Persönlichkeit ist diese Leere leider ein häufig anzutreffender Zustand. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, es ist die beständigste Phase im Leben eines Borderliners.
Beispiel eines Dialoges der dieses Dilemma anschaulich erklärt:
Therapeut: „Wie geht es Ihnen heute?“
Patient: „Gut, etwas Müde!“
Therapeut: „Oh gut, dann beschreiben sie mir doch einmal…wie fühlt sich diese Müdigkeit an, wo fühlen sie sich Müde!
Der Patient versucht nun in sich zu schauen und diese Müdigkeit zu fühlen, ist jedoch nicht dazu in der Lage. Es ist als würde er auf einem weißen Blatt Papier nach einem Text suchen der dort angeblich stehen soll. Weil er unfähig ist zu Fühlen hat er das Gefühl der Müdigkeit durch seinen Verstand erklärt und deswegen entsprechend geantwortet. Da er nur wenige
Stunden geschlafen hat ging sein Verstand davon aus das er Müde sein müsste… er ist es vermutlich auch, aber er kann es nicht wahrnehmen.
Da in dieser Leere keine Freunde und somit auch keine Lust auf das Leben möglich ist, kommt es in dieser Phase vermehrt zu dysfunktionalem Verhalten wie Selbstverletzungen, Hochrisikoverhalten oder sogar Suizid.
Stell Dir vor Du hast unheimliche Lust auf Schokolade, weißt aber auch das Du Schokolade auf den Tod nicht ausstehen kannst. Ein Widerspruch und deswegen nicht möglich? So etwas erleben Borderliner jeden Tag. Ein Gefühl der Zerrissenheit das kaum auszuhalten ist. Besonders macht es sich in Beziehungen bemerkbar. Dem Wunsch nach inniger Nähe (Symbiose), steht die wahrgenommene Gewissheit gegenüber, diese Nähe nicht ertragen zu können.
Was das Dilemma noch vervollständigt ist, dass der Partner in dieser Situation nichts – und damit meine ich wirklich nichts, unternehmen kann um den Betroffenen zu helfen. Egal wie darauf reagiert wird, werden bei der Borderline-Persönlichkeit Muster aktiviert. Wenn man seinem Wunsch nach Nähe nachkommt fühlt er sich schnell eingeengt und verschlungen, was eine Panik in ihm auslöst. Wenn man seinen Wunsch auf Distanz jedoch respektiert kommt es zu Verlassens Ängsten und das der Partner sich nicht bemühen will.Eine Lösung aus diesem Dilemma gibt es nicht wirklich. Diese Zerrissenheit wird einen Borderliner ewig begleiten. Man kann jedoch lernen mit diesen Situationen besser umzugehen. Radikales Akzeptieren (aus dem DBT-Programm) ist dafür der Schlüssel. Man akzeptiert dass diese chaotisch gegensätzlichen Gefühle zur selben Zeit da sein können. Anstatt sich nun dagegen zu wehren und sich zu Entscheidungen zu zwingen, nimmt man die Situation an wie sie ist und vertraut darauf dass sich diese Not wieder auflöst. Wenn man nämlich nüchtern auf ähnliche Situationen zurück schaut, geht auch diese Zerrissenheit vorbei. Hinderlich dafür ist jedoch meist die Impulsivität des Betroffenen der sich selbst zu einer schnellen Lösung zwingt. Als Partner bleibt einem in diesem Fall nichts anderes übrig als die Situation ebenfalls auszuhalten und mit Verständnis auf diese Widersprüchlichkeit zu reagieren.
Wenn ich jedoch in einer frischen Beziehung bin, dann werde ich überschwemmt von positiven Gefühlen. Bildlich gesehen erinnert es ein wenig an einen Ertrinkenden der plötzlich einen Baumstamm im Wasser findet an dem er sich klammern kann. Durch die starke Verbindung zu meiner Partnerin (Symbiose in der Idealisierung) ist es als würde ich durch sie die Möglichkeit haben Zugang zu mir selbst finden. Ich empfinde Ihre Gefühle wie meine eigenen.
In dieser Phase der Beziehung klammere ich mich an diesen Gefühlen und ich mache alles damit ich dieses Empfinden aufrecht erhalten kann. Ich weiß sehr genau was meine Partnerin von mir erwartet. Wenn ich Zugang zu einer Person habe, was in einer Symbiose natürlich der Fall ist, dann weiß ich auch unbewusst Ihre Sehnsüchte und „füttere“ sie mit genau diesen Wünschen. Auf diese Weise manipuliere ich sie, damit die Funktion die sie inne hat aufrecht erhalten werden kann. Ich mache dies nicht bewusst. Mein Handeln ist impulsiv und unterliegt einem gewissen Automatismus. Diese Phase in der Borderlinebeziehung ist der gewöhnlichen Phase des „Verliebtseins“ sehr ähnlich. Ich denke sie ist jedoch wesentlich intensiver und bedeutet weit mehr als das was man für gewöhnlich als „Schmetterlinge im Bauch“ kennt. In der Idealisierung und dem damit verbundenem Wunsch nach Symbiose fühle ich mich „Eins“ mit meiner Partnerin. Ich weiß wirklich nicht mehr wo ich aufhöre und sie anfängt. Ich fühle mich durch sie komplett und mit ihr zusammen als eine Identität.
Diese Verbindung ist jedoch nicht dauerhaft aufrecht zu erhalten. Wenn das Bild des Eins sein zu bröckeln beginnt, dann greifen die anderen Muster in mir. Es stellt sich die Angst ein Verschlungen zu werden. Es entsteht die Panik mich selbst zu verlieren und keine Kontrolle mehr über mich zu besitzen. Ich erkenne, dass meine Partnerin nur ein Mensch ist und dass ich es nicht ertragen kann wenn mir ein Mensch zu Nahe ist. Die Mauern die ich im laufe der Zeit um mich herum errichtet habe dienen meinem Schutz. Menschen können mich für gewöhnlich nicht verletzen. In einer Beziehung werde ich jedoch angreifbar, da Nähe und Verbundenheit etwas ist was man mir auch wieder entziehen kann. In dieser Phase entstehen die panischen Ängste verlassen zu werden. Um diese Panik in Griff zu bekommen, beginne ich meine Partnerin abzuwerten. Die positiven Gefühle die ich zuvor hatte sind auf einen Schlag weg und an ihrer Stelle ist wieder dieses unerträgliche Gefühl der Leere. Egal was meine Partnerin nun auch unternimmt um mich zu unterstützen, sie wird mich nicht mehr erreichen, denn ich kann nichts mehr fühlen. Diese Leere ist so schrecklich, dass ich nun versuche Gefühle in mir zu erzwingen. Am liebsten wären mir natürlich schöne Gefühle, wie sie zu Beginn der Beziehung existierten, aber ich kann mir diese postiven Gefühle leider nicht erzwingen. Negative Gefühle kann ich jedoch nach belieben hervorrufen. Also beginne ich Streit zu provozieren. Ärger, Wut und Trauer sind Empfindungen die diese innere Leere für kurze Zeit auffüllen können. Meine Partnerin muss mir keinen sichtlichen Grund liefern um abgewertet zu werden. Ich suche solange bis ich etwas finde, egal wie gering der Auslöser zu sein scheint. Sollte wirklich nichts da sein, dann bringe ich sie dazu, dass sie die Beziehung beendet. Wichtig ist für mich, dass ich mich selbst nicht in der „Schuld“ sehen muss. Schuldgefühle kann ich ebenso wie die Leere nicht ertragen und so projektiere ich meine Wut, die ich mir selbst gegenüber empfinde in sie. Egal was sie auch unternimmt, sie wird für mich immer die Schuldige sein warum die Beziehung nicht funktionierte.
Es kommt nun zur Trennung. Anfangs sind noch negative Gefühle da, die ich wahrnehmen kann. Alles was schön war in der Beziehung ist für mich nicht mehr vorhanden. Trauer, Wut, Schmerz ist auch für mich etwas das ich nicht gerne erleide, aber alles ist besser als diese Leere zu spüren. Darum klammere ich mich an den Schmerz genauso intensiv wie zuvor an den positiven Gefühlen. Meine Partnerin ist nun eine Person die nur mein schlechtestes will und dadurch das ich sie hassen kann gewinne ich an Stabilität. Wenn diese Gefühle jedoch auch verschwinden stellt sich wieder dieses schreckliche Gefühl der Leere ein. Wieder bin ich in der Situation diese Leere aufzufüllen. Bevorzugter weise natürlich mit positiven Gefühlen aus einer erfüllenden Beziehung. Falls dieses Gefühl jedoch mit der Partnerin wieder hergestellt werden kann, so werden ab jetzt die Abstände zwischen Idealisierung und Abwertung immer kürzer. Eine wirklich perfekte Symbiose wie zum Beginn der Beziehung ist nicht mehr herstellbar auch wenn ich es immer wieder versuche bis ich es wirklich als Gescheitert ansehe. Irgendwann versuche ich nur noch den Hass möglichst lange aufrecht zu erhalten. Nur das ist der Grund warum ich auch nach einer gescheiterten Beziehung gerne noch hin und wieder den Kontakt zu meiner Ex-Beziehung suche.
Erst wenn ich in einer neuen Partnerschaft bin, oder wenn ich keine Möglichkeit habe meine Ex-Partnerin zu erreichen, ist meine vorhergegangene Beziehung wirklich für mich abgeschlossen. Ihre Funktion ist dann für mich nicht mehr erforderlich.