Binge-Eating

Bei der  Binge-Eating-Störung (BES, engl. Binge Eating Disorder, vom engl. Binge = Gelage) handelt es sich um eine Essstörung, bei der es zu periodischen Heißhungeranfällen (Fressanfällen) mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten kommt. Bei den charakteristischen Essanfällen werden in der Regel viel zu große Portionen auffallend schnell herunter geschlungen. Meist greifen die Betroffenen dabei auf äußerst fettreiche und süße Lebensmittel zurück, die viele Kalorien enthalten.

Borderline: Esstörung: Binge Eating
Borderline: Essstörung: Binge Eating

Im Gegensatz zu Bulimikern versuchen Binge Eater nach dem Essen jedoch nicht, die übermäßige Kalorienzufuhr durch Gegenmaßnahmen zu kompensieren. Die Betroffenen erbrechen danach nicht und nehmen auch keine Medikamente (z.B. Abführmittel) ein, um ihr Gewicht zu halten. Sie verfallen nach dem Essanfall auch nicht in extreme Diäten, oder versuchen durch sehr viel Sport den Anfall „ungeschehen“ zu machen, wie es bei Bulimikern häufig der Fall ist. Im Gegenteil, es ist bei Menschen mit einer Binge-Eating-Störung durchaus häufig zu beobachten, dass sie körperlich weniger aktiv sind und wenig Sport betreiben. In ihrer Freizeit gehen sie lieber andern bewegungsarmen Hobbys und Freizeitbeschäftigungen,  wie z.B. Computerspielen, Fernsehen nach.

Da während des Essanfalls viel zu viele Kalorien aufgenommen werden, ist bei den Betroffenen das Risiko übergewichtig zu werden sehr groß. Ein vorausgesetztes Diagnosekriterium für die Krankheit ist Übergewicht jedoch nicht. Binge Eating kann auch bei Menschen mit Normalgewicht auftreten. Im Umkehrschluss hat auch nicht jeder Mensch der Übergewichtig ist, automatisch diese Essstörung.

Von allen bekannten Essstörungen ist die Binge-Eating-Störung die noch am wenigsten erforschte. Obwohl das Störungsbild bereits 1959 erstmals beschrieben wurde (Stunkard, 1959), ist die Binge-Eating-Störung bisher nicht mit eigenen diagnostischen Leitlinien in der ICD-10 aufgeführt und wird deshalb unter F 50.9: „Nicht näher bezeichnete Essstörungen“ oder unter F 50.4 „Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen“ subsumiert. Auch wenn die Störung bisher keine Erwähnung im DSM-IV  findet, wurde 1994 erstmals Forschungskriterien für die BES formuliert. Für die diagnostischen Kriterien der Binge-Eating-Störung wurden dort folgende Symptome aufgestellt:

  • mindestens zwei Essanfälle pro Woche über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten
  • Kontrollverlust während der Nahrungsaufnahme mit Verlust des Sättigungsgefühls
  • sehr hohe Kalorienzufuhr bei einem Essanfall
  • extrem hastiges Essen („schlingen“)
  • Essen bis zu einem starken Völlegefühl
  • der Essanfall wird nicht durch starken Hunger ausgelöst
  • nach dem Essanfall treten Schuld- und Schamgefühle auf, teilweise bis zur Depression
  • die Betroffenen leiden unter den Essanfällen

Menschen, die an einer Binge-Eating-Störung leiden, sind häufig extrem auf das Essen fixiert. Während des Essanfalls verlieren sie das Gefühl und die Kontrolle. Sie essen, ohne hungrig zu sein, und essen weiter, auch wenn sie eigentlich satt sein müssten. Hinterher schämen sich die Betroffenen für die Anfälle, fühlen sich schuldig, verachten sich und lehnen sich und ihren Körper ab. Zwischen den Essanfällen gelingt es den Betroffenen meist ein völlig normales Essverhalten an den Tag zu legen. Sie essen mal sehr kontrolliert, dann jedoch wieder extrem viel und unkontrolliert.

Studien lassen den Schluss zu, dass die Essanfälle ausschließlich psychisch bedingt sind und überwiegend durch negative Gefühle, Stress oder quälende Langeweile ausgelöst werden. Experten vermuten, dass mit den Essanfällen unangenehme Situationen oder Emotionen unterdrückt werden sollen. In diesem Fall ist Binge Eating also eine Form von Abwehrmechanismus oder um eine behelfsmäßige Vermeidungsstrategie.

Binge Eating wird ähnlich wie die Bulimie mit einem psychotherapeutischen Ansatz behandelt. Je nach schwere kann eine stationäre Behandlung in einer Klinik sinnvoll sein. Bei der Behandlung hat sich vor allem die Verhaltenstherapie als hilfreiche Therapieform erwiesen. Die Therapie der Binge-Eating-Störung hat zwei Haupt-Behandlungsziele:

  1. Normalisierung des Essverhaltens und des Gewichts
  2. Behandlung der zugrunde liegenden psychischen Störung

Da es bei Binge Eating meist auch zu extremen Übergewicht kommt ist Sport und Bewegungstherapie ein wesentlicher Bestandteil einer erfolgsversprechenden Behandlung. Zum einen weil Sport und Bewegung sich als hilfreich bei Depressionen herausgestellt hat, aber auch weil dort eventuell vorhandenen körperlichen Schäden entgegengewirkt werden kann.

Hauptziel der Therapie ist jedoch die Behandlung von Selbstwertdefiziten, zwischenmenschlichen Problemen und die Normalisierung des Essverhaltens.

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Borderline und Depression

Was ist Depression?

Borderline und Depression
Borderline und Depression

Hinter dem Begriff  Depression (leitet sich vom lateinischen deprimere  = „niederdrücken“ ab) verbirgt sich eine affektive psychische Störung mit Zuständen psychischer Niedergeschlagenheit als Leitsymptom. In der aktuellen Revision des ICD10 lautet die genaue Bezeichnung depressive Episode oder rezidivierende (wiederkehrende) depressive Störung.

Kurze depressive Verstimmungen, die meist einige Stunden oder einzelne Tage andauern,  kennt vermutlich jeder. Von Depression, im Sinne einer psychischen Störung oder psychischen Erkrankung, spricht man erst, wenn depressive Verstimmung und andere Symptome einer Depression über mindestens 14 Tage anhalten und mit einer deutlichen Beeinträchtigung verbunden sind.

Man unterscheidet zwischen Unipolare (monopolare) Depression (Major Depression – Endogene Depression ) und Bipolare Depression (besser bekannt unter dem Begriff manisch-depressive Erkrankung).

Wenn man allgemein von Depression spricht, meint man die unipolare Form (Major Depression) von der zwei Drittel aller Erkrankten betroffen sind.

Symptome:

Eine Depression zeichnet sich durch folgende Symptome aus:

  • Niedergeschlagenheit
  • Antriebsverlust
  • Interessensverlust
  • Konzentrationsprobleme
  • Gedanken und Gefühle, wertlos zu sein
  • Wiederkehrende Suizidgedanken
  • Appetitlosigkeit
  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit und Energielosigkeit
  • starke Verminderung sexueller Lust
  • Schuldgefühle
  • Unfähigkeit  Entscheidungen zu treffen

Vor allem die drei erstgenannten Hauptsymptome der Depression wirken sich schwerwiegend auf den Betroffenen aus. Es fehlt an Antrieb alltägliche Dinge zu verrichten. Der Betroffene verliert das Interesse an allem was einen sonst Freude machte oder was einem ansonsten wichtig war im Leben. Man isoliert sich zusehends und nimmt am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teil.

Verbreitung:

Obwohl sich diese Krankheit, in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen, zu einer der am weitesten verbreiteten Krankheiten in den Industriestaaten entwickelt (Im Jahr 2010 belegte die Diagnose „Depressive Episode“ (F32) erstmals den traurigen Spitzenplatz bei den Fehltagen, noch vor Rückenschmerzen und Erkältungen (Quelle: Techniker Krankenkasse).), blieb sie lange ein Tabuthema. Depressionen passen einfach nicht zu den Anforderungen der modernen Gesellschaft, reibungslos zu funktionieren. Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Jeder fünfte Bundesbürger erkrankt ein Mal im Leben an einer Depression. Andere Quellen gehen sogar von einer deutlich höheren Zahl aus (bis zu jeder 3.).

Seit dem krankheitsbedingten Suizid des Fußball-Nationaltorhüters Robert Enke rückte die Krankheit erstmalig in das breite Interesse der Öffentlichkeit. Durch das tragische Schicksal Robert Enkes erhielt das Störungsbild Depression endlich die Aufmerksamkeit das ihr, aufgrund ihrer Schwere und weiten Verbreitung, dringend zustehen sollte.

Besonderheiten bei der Manisch-depressiven Variante:

Die bipolare (manisch-depressiven) Form der Erkrankung zeichnet sich durch einen häufigen und ständigen Wechsel zwischen depressiven Phasen (wie bei der Major-Depression beschrieben) und einer manischen (aus dem altgriechischen maníā  = „Raserei“, „Wut“, „Wahnsinn“) Phase aus.

Die manischen Phasen wirken sich dabei konträr zur eigentlichen Depression aus. Der Betroffene zeigt in der Manie folgende Symptome:

  • Euphorie (Hochgestimmtheit): er wirkt aufgekratzt Fröhlich und scheint eine unendliche Energie zu haben.
  • Kontrollverlust bis hin zum blinden Aktionismus.
  • Selbstüberschätzung was die eigene Leistungskraft betrifft, bis hin zum Größenwahn.

Häufig kommt es auch zu einer übersteigerten Aggressivität und einer erhöhten Gereiztheit, vor allem wenn man sie in ihrem Bewegungsdrang bremsen will.

Der Übergang zwischen depressiven und manischen Phasen geschieht in der Regel schleichend. Die depressiven Phasen sind dabei idR. Andauernder als die manischen. Manisch-Depressive Erkrankte weisen ein deutlich höheres Suizidrisiko auf als Betroffene einer Major-Depression. Darum ist es für sie umso wichtiger sich in therapeutische Behandlung zu begeben.

Was kann man gegen Depressionen tun?

Depressionen können behandelt werden. Allerdings ist die Situation im Moment die, daß weniger als die Hälfte der erkrankten Personen auch wirklich Hilfe bekommt. Dies ist um so trauriger, weil eine Depression, wenn sie fachgerecht behandelt wird, vollkommen geheilt werden kann.

Vor der Behandlung einer Depression muß eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Dies hat zwei Gründe: Manche Depressionen haben die gleichen Symptome wie andere Krankheiten. Deswegen muß erst sichergestellt sein, daß keine andere Krankheiten vorliegt. Der zweite Grund ist, daß vor einer Behandlung mit Medikamenten erst die Risiken von Unverträglichkeiten geklärt werden müssen.

Nach einer Diagnose sollte ein Behandlungsplan vom Arzt erstellt werden. Dazu gehört auch die Entscheidung, ob die Behandlung ambulant oder stationär in einer Klinik durchgeführt werden soll.
In diesem Behandlungsplan muß auch festgelegt sein, ob Sie eine Psychotherapie durchführen und ob Sie Medikamente nehmen sollten. Falls Sie Medikamente einnehmen sollen, klären Sie eventuelle Nebenwirkungen mit anderen Medikamenten ab, die Sie einnehmen.
Bei der Einnahme von Medikamenten müssen Sie geduldig sein, denn sie wirken nicht von heute auf morgen. Viele Antidepressiva benötigen bis zu mehrere Wochen, bis sie vollständig wirken.

(Quelle: Depressionen-Depression.net)

 

Depression und Borderline:

Mit einer Prävalenz von 80-100% gilt die Depression als die am häufigsten auftretende Komorbidität zur Borderline-Persönlichkeitsstörung. Dabei tritt sie idR in der monopolaren Form als rezidivierende depressive Störung auf.

Verschiedene Experten (unter anderem Prof. Dr. Christa Rohde-Dachser) haben jedoch deutliche Unterschiede zwischen der bekannten Major-Depression und der Borderline-Depression ausgemacht. Depressive Episoden haben demnach darüber hinaus vor allem auch die Funktion, den Borderliner vor dem befürchteten Sturz in das Gefühl der Leere zu bewahren. Prof. Dr. Rohde-Dachser hat es in ihrer publizierten Arbeit: Schwermut als Objekt lesenswert zusammengefasst. Sie beschreibt darin für mich verständlich die Struktur und den Inhalt der Borderline-Depression und weist auf die Besonderheiten hin.

 

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Wie entsteht eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?

Studien lassen derzeit die Vermutung zu, dass viele Einflussfaktoren auf komplexe Weise miteinander interagieren und so die Entwicklung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung beeinflussen.

Borderline: Ursachen - Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten
Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten

Breite Übereinstimmung besteht bei der Behauptung, dass die wesentlichen Grundsteine schon in der frühsten Kindheit gelegt werden. Man bezeichnet diese Einflüsse häufig als Umweltfaktoren. Dieser Begriff ist sehr weitläufig und kann traumatisierende Ereignisse als auch psychosoziale Komponenten beinhalten.

Verschiedene Forscher ziehen zusätzlich eine erbliche genetische Veranlagung als zusätzliche Ursache in Betracht. Zwillingsstudien lassen vermuten, dass es einen starken Einfluss der Gene gibt. Bislang gibt es jedoch diesbezüglich noch keine gesicherten Ergebnisse.

Borderline: Ursachen - genetische Veranlagung
Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Als Wahrscheinlich gilt, dass die Neigung zu schwankenden Emotionen, einem instabilen Selbstbild und wechselhaften zwischenmenschlichen Affekten genetisch vererbt wird, was im Zusammenwirken mit ungünstigen Umweltbedingungen zur Ausprägung der Borderline-Persönlichkeitsstörung führen kann.

Auch pränatale Einflussfaktoren rücken immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Die derzeitige Meinung, dass es sich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung um eine Krankheit handelt die durch die Wechselwirkung verschiedener Einflüsse wie:

Borderline: Ursachen - neurobiologische Faktoren
Borderline: Ursachen – neurobiologische Faktoren

entsteht, gilt immer mehr als wahrscheinlich. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass für gewöhnlich die psychosozialen Faktoren mit den Umweltfaktoren zusammengefasst werden und die neurobiologischen Faktoren (wie z.B. pränatale Programmierung) bisher noch nicht die große Aufmerksamkeit finden. Zur genetischen Veranlagung gibt es noch keine repräsentativen Ergebnisse.

Die Forschung wird diesbezüglich noch einige neue Erkenntnisse bringen. Da sich Borderline relativ individuell bei den Betroffenen zeigt wird das Krankheitsbild in Zukunft vielleicht sogar weiter aufgeteilt. Derzeit gibt es diesbezüglich jedoch keinerlei mir bekannter Bestrebungen.

 

 

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Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren oder psychosoziale Komponenten

Borderline: Ursachen - Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten
Borderline: Ursachen – Umweltfaktoren, psychosoziale Komponenten

Ungünstige Umweltbedingungen im Kindesalter spielen bei der Entstehung von Borderline eine entscheidende Rolle.

Studien belegen das bis zu 80% der Betroffenen frühe Traumatisierung erlebt haben.

An biographisch relevanten psychosozialen Belastungsfaktoren lassen sich sexuelle Gewalterfahrungen (ca. 70%), körperliche Gewalterfahrungen (ca. 60%) und Vernachlässigung (ca. 40%) identifizieren (Quelle: State of Arts 2011/2012, Zanarini 2000).

Neuere Studien mit einem kontrollierten prospektiven Design zeigen, dass wiederholte reale traumatische Beziehungserfahrungen in der Kindheit die Entwicklung von Borderline-Persönlichkeitszügen bis zu einer Persönlichkeitsstörung hervorrufen können.

Dazu zählt:

  • Erfahrungen von physischer und emotionaler Misshandlungen
  • Vernachlässigung
  • häufigem Wechsel von Bezugspersonen
  • Zeuge sein von drastischer Gewalt in der Familie
  • Trennung oder Scheidung der Eltern

Wenn ein Kind von seinen, für die Entwicklung dringend benötigten, Bezugspersonen misshandelt wird, oder der Schutz vor erschütternde Erlebnisse, die sie nicht bewältigen können, ausbleibt, kann dies zu einer kumulativen Traumatisierung führen. Dies gilt auch wenn wiederholt wesentliche Selbst-Objekt-Bedürfnisse des Kindes missachtet werden. Ein Kind ist in seiner Entwicklung auf seine Bezugspersonen angewiesen. Durch den Kontrast von Geborgenheit und erlebter Misshandlung oder Vernachlässigung prägt sich beim Kind auf ewig eine widersprüchliche Denkweise ein. Diese traumatischen Erfahrungen werden verinnerlicht und durch die dissoziative Verarbeitung entstehen strukturelle Entwicklungsdefizite mit dysfunktionalen Anpassungen.

Es ist nicht einmal erforderlich das sie selbst Opfer von Gewalt werden. Es ist vollkommend ausreichend wenn sie den negativen Erfahrungen in ihrer Umwelt ausgesetzt sind. So können sich z.B. ständige Ehekrisen und impulsive Streitszenen innerhalb der Familie, eine frühe Trennung der Eltern oder Suchtverhalten eines Elternteils (z.B. Alkohol oder Drogen) begünstigend für die Ausprägung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auswirken.Selbiges gilt, wenn das Kind keine Verbindung zu ihren Bezugspersonen aufbauen kann, z.B. durch lange Phasen des Alleinseins.

Häufig werden sich Borderline-Betroffene erst in therapeutischer Behandlung ihrer traumatischen Kindheitserlebnisse bewusst, da sie durch verschiedene Abwehrmechanismen das Geschehene aus ihrem Bewusstsein verbannt haben.

In diesem Punkt gleicht Borderline der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Es gibt sogar Experten die in Borderline eine chronische, oder komplexe PTBS sehen.

Beide Patientengruppen können in der Kindheit missbraucht worden sein oder haben ein anderes Trauma erlitten. Das waghalsige, impulsive verhalten, das typisch ist für Borderline, lässt die Betroffenen anfälliger werden für gefährliche Situationen, die traumatisch enden können.

Die Symptome einer von PTBS betroffenen Person kreisen um ein spezielles Trauma. Typisch für dieses Syndrom ist es, dass Patient die traumatische Situation wieder und wieder durchlebt und periodisch auftretende Alpträume hat.
Die Symptome von Borderlinern sind gewöhnlich unterschiedlicher und weniger stark mit einem bestimmten Trauma verbunden.

 

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Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Die meisten Experten gehen inzwischen davon aus das genetische Veranlagung bei der Entstehung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung eine entscheidende Rolle spielen kann.

Borderline: Ursachen - genetische Veranlagung
Borderline: Ursachen – genetische Veranlagung

Da der BPS jedoch bisher kein bestimmtes Gen zugeordnet werden kann und dies nach heutigem Stand vermutlich auch nie der Fall sein wird, ist eine gesicherte Zuordnung zwischen genetischen Faktoren und einer späteren Borderline-Störung derzeit nicht gegeben.

Anhand von Zwillingsstudien wurde versucht Rückschlüsse auf eine genetische Veranlagung zu bilden. Die beste derzeit vorliegende Zwillingsstudie (Distel et al 2009) zeigt eine 46% Varianz bei genetischen Faktoren. Allerdings zeigt die Studie lediglich eine Tendenz in Richtung Borderline-Features. Das heißt sie zeigt eine Tendenz eine gestörte Affektregulierungsstörung zu entwickeln. (Quelle: State of the Art 2011/2012)

Die Studie zeigt allerdings auch, dass die Varianz innerhalb der Familie, das sogenannte „Shared Environment“ bei nur 5% liegt. Die Varianz beim „Non-shared Environment“(Schule und Umfeld) ist mit 50% deutlich höher. Das bedeutet der Auslöser eine Affektregulierungsstörung zu entwickeln ist eher darin zu sehen, dass Kinder mit ihren gleichaltrigen Mitmenschen nicht zurecht kommen und deswegen eine Affektregulierungsstörung entwickeln.

Das Problem bei Zwillingsstudien:

Um eine gesicherte genetische Komponente nachweisen zu können ist es erforderlich gezielt Zwillinge zu untersuchen, die nicht bei ihren eigenen Eltern aufwachsen.
Taucht bei getrennten Zwillingen ein Borderline-Syndrom auf, so könnte dies ein Hinweis auf eine genetisch bedingte Veranlagung sein.

Es wird mittlerweile davon ausgegangen das bestimmte Persönlichkeitszüge bereits vor der Geburt entstehen. Besonders hervorzuheben ist dabei das Temperament. Dies muss aber nicht zwangsläufig mit einer genetischen Vererbung zu tun haben.

Gängige Meinung ist derzeit, dass genetische Faktoren das Entstehen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung negativ beeinflussen kann, jedoch nicht zwingend Voraussetzung dafür ist. Es gibt genügend Borderline-Betroffene deren Verwandten 1.Grades weder eine Borderline-Störung, noch Borderline-Strukturen aufweisen. Die 46% der oben genannten Studie weißt also nur auf eine evtl. vorhandene Häufung hin.

 „Die bisherigen Zwillingsstudien waren nicht auf die Identifikation von Gen-UmgebungsInteraktionen ausgerichtet. Die für die Fragestellung besonders sensitiven Adoptionsstudien zur Borderline-Persönlichkeitsstörung fehlen ebenso. In den publizierten Zwillingsstudien wirkt sich das Zusammenspiel von Gen und Umgebung in der Ausprägung der Umgebungskomponente aus – und zwar in der nichtgemeinschaftlichen, personenspezifischen Umgebungskomponente. Zu beachten ist, dass sich in keiner Zwillingsstudie eine Gen-Umgebungs-Interaktion findet, ohne dass daraus ein Fehlen eines Zusammenspiels von Gen – und Umgebungsfaktoren abgeleitet werden könnte.“ (Dulz – Herpertz-Kernberg-Sachsse – Handbuch der Borderline-Störung)

 

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Borderline: Ursachen – Neurobiologische Faktoren

Durch immer besser werdende Untersuchungstechniken lassen sich auch neurobiologische Gesichtspunkte nicht bestreiten. Bei Betroffenen, zeigen sich schon im Kindesalter Zeichen einer „minimal brain dysfunction“, das heißt leichte neurologische Auffälligkeiten, Allgemeinveränderungen im EEG, Verhaltensauffälligkeiten und morphologische Veränderungen im frontalen Kortex. Die verschiedenen empirischen Untersuchungen sind jedoch bisher noch wenig konsistent.

Borderline: Ursachen - neurobiologische Faktoren
Borderline: Ursachen – neurobiologische Faktoren

Der Grund warum eine genaue Untersuchung so schwierig ist besteht darin, dass bei Borderlinern nicht einzelne Regionen Funktionsstörungen aufweisen, sondern neuronale Netzwerke wie z.B. Beispiel der thalamo-amygdalo-kortikale Regelkreis davon betroffen sind. ( Quelle: Fleischhaker, Schulz, Borderline-Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter 2011)Wenn man nach einer evtl. vorhandenen Beteiligung neurobiologischer Faktoren als eine Ursache für die Entstehung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung sucht, ist es entscheidend herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt der kindlichen Entwicklung die Netzwerke funktionell und strukturell verändert wurden.

Kinder, die während der Schwangerschaft einer übermäßigen Menge an Stresshormonen (Glucocorticoiden) ausgesetzt waren, weisen nachweislich ein erhöhtes Risiko auf, als Erwachsener schwerwiegende Krankheiten zu entwickeln. Es steigt auch das Risiko psychische Störungen zu entwickeln. Diesen Mechanismus bezeichnet man als „pränatale Programmierung“ (Quelle: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz).

An der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz wird derzeit im Verbund mit  Kooperationspartnern ein Screening auf relevante prä-, peri- und postnatale Einflussfaktoren durchgeführt. Mit dieser Studie soll vorrangig der Fragestellung nachgegangen werden, ob neben der Traumatisierung in der Kindheit auch pränatale Stressoren einen Einfluss auf die Entstehung des Störungsbildes oder dessen Schweregrad haben und ob diese in Zusammenhang mit einer veränderten Cortisolsekretion zu sehen sind.

 

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Uni-medizin Mainz: Prä-, peri- und postnatale Traumatisierung bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung 

Borderline: Fakten, Statistiken, Studien und Zahlen

Verbreitung:

In der Vergangenheit gingen die Zahlen hierzu weit auseinander.

Nach Nach DSM IV 1994 – ca. 2%

Kernberg sprach von bis zu 15%

Neuere Studien ergaben eine Lebenszeit-Prävalenz* von ca 3% (Trull et al. 2008)

Dieser Wert von 3% wurde inzwischen in mehreren Studien bestätigt und pegelt sich als Richtwert ein (Bohus, 2011). Er kann inzwischen als gesichert gelten.

Damit ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung 4 mal weiter verbreitet als z.B. Schizophrenie.

* Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) (von lateinisch praevalere, ‚sehr stark sein‘) ist eine Kennzahl der Gesundheits- und Krankheitslehre (Epidemiologie) und sagt aus, wie viele Menschen einer bestimmten Gruppe (Population) definierter Größe an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind. Der Begriff „Lebenszeitprävalenz“ ist sprachlich etwas irreführend, da eine genaue Erfassung nicht möglich ist, handelt es sich dabei um einen geschätzten Richtwert der sich aufgrund ermittelter Daten über einen bestimmten Zeitraum ergibt und nicht wie die Bezeichnung vermuten lässt über die gesamte Lebensdauer.

Die Studie ergab, das besonders junge Menschen von den Symptomen betroffen sind:

Lebenszeit-Präzalenz
Lebenszeit-Präzalenz bei Borderline

Die Statistik zeigt, dass die Störung besonders in jungen Jahren zum Vorschein kommt.

Das die Prävalenz mit fortschreitendem Alter deutlich abnimmt, lässt den Schluss zu das sich die Symptome mit fortgeschrittenem Alter und jahrelanger Therapie verbessern.

Das bedeutet nicht, dass die Betroffenen geheilt sind, sondern dass die expressiven Symptome mit fortschreitendem Alter abnehmen, so dass eine Borderline-Persönlichkeitsstörung nicht mehr nachweisbar ist.

 

 

 Bei einer aktuellen Studie bezüglich Remissionsraten ** (Zanarini et al., 2010) kam man auf folgende Werte:

Borderline: Remissionsrate
Borderline: Remissionsrate

93% zeigten bei einer Nachbetrachtung (nach 10 Jahren) einen Zeitraum von min. 2 beschwerdefreien Jahren. Bei 30% traten die Symptome nach den 2 Jahren wieder auf. Immerhin 84% beschrieben einen beschwerdefreien Zeitraum von min 4 Jahren. Bei 15% traten danach die Symptome wieder auf.

Dies ergab für beide Beobachtungszeiträume eine relativ hohe Remissionsrate von ca. 60%.

Es muss jedoch beachtet werden das die beobachteten Betroffenen in Zanarinis Studie zur  sogenannten „upper class“ (wohlhabende Schicht Amerikas)  gehörten und somit Zugang zur bestmöglichen therapeutischen Versorgung hatten.

Betrachtet man sich jedoch zusätzlich die soziale Integration ergibt sich ein vollkommen anderes Bild. Dies kann man mit Hilfe der sogeannten GAF*** machen. Bei der oben gezeigten Gegenüberstellung ging man von einem Wert von 60 in der GAF-Skala aus. Eine GAF von 60 ist nicht viel, denn es stellt lediglich einen Zustand dar, der einem Menschen ein einigermassen funktionales Leben ermöglicht. Eine GAF von 60 beschreibt ein  mässig ausgeprägtes Störungsbild. Nur 50% der Teilnehmer erreichten das erforderliche Maß und 34% rutschten im Betrachtungszeitraum wieder unter den Richtwert von 60. Das bedeutet nur ca. 15% schafften es ein „normales“ Maß an sozialer Integration (dabei besonders hervorzuheben Partnerschaft und Beruf) zu erreichen.

** Mit Remission bezeichnet man das temporäre oder dauerhafte Nachlassen von Krankheitssymptomen ohne Erreichen der vollständigen Genesung.

*** Die Global Assessment of Functioning-Skala (GAF) ist eine psychologische Skala zur Erfassung des allgemeinen Funktionsniveaus einer Person. „Die psychischen, sozialen und beruflichen Funktionen werden dabei auf einem hypothetischen Kontinuum von psychischer Gesundheit bis Krankheit gedacht. (Quelle: Wikipedia)
 

Verteilung zwischen den Geschlechtern:

Borderline: Geschlechterverteilung

Der Anteil weiblich : männlich steht nach klinischen Studien bei 75 : 25.

Allerdings sind klinische Studien diesbezüglich nicht reprästativ, da weibliche Borderlinerinnen sich deutlich eher in psychologische Behandlung begeben.

Hier könnte auch die Betrachtung der Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern interessant sein.

Experten schätzen das Verhältnis weiblich : männlich bei 50 :50 (Quelle State of the Arts 2011/2012)

Studien (Grant et al., 2008; Lenzenweger et al., 2007) bestätigen diese Schätzung.

Schulbildung und Beruf:

Obwohl man jungen Borderlinern nachsagt, dass sie Schule und Berufsausbildung eher abbrechen als andere konnte dies in Studien nicht belegt werden.

Schulbildung:

Borderline: Schulbildung
Borderline: Schulbildung

 Das Diagramm zeigt keine nennenswerte Auffälligkeiten bei der Schulbildung von Borderlinern.

 

 

 

 

 

Berufsausbildung:

Borderline: Berufsausbildung
Borderline: Berufsausbildung

Das Diagramm zeigt geringe, aber nicht nennenswerte Auffälligkeiten bei der Berufsausbildung von Borderlinern.

 

 

 

 

Beschäftigungsstatus:

Borderline: Beschäftigungsverhältnis
Borderline: Beschäftigungsverhältnis

Bei Borderlinern zeigen sich tendenziell jedoch nachweislich größere Probleme dauerhaft in einem Beschäftigungsverhältnis zu verweilen:

(Unter Andere : 7% Frührente und 21% in beruflichen Rehaprogrammen)

 

 

 

Die Zahlen sind dem Vortrag von Prof. Martin Bohus am 26. November 2011 auf dem DGPPN-Kongress entnommen.

 Komorbiditäten:

Borderline kommt selten allein. Folgende Begleiterkrankungen kommen im Zusammenhang mit Borderline am häufigsten vor:

Angstneurosen/Phobien 24-81% (Jerschke et   al., 1998/Grüttert, 2000)
Substanzmissbrauch 21-67% (Jerschke et al.,   1998/Grüttert, 2000)
Depressionen(1) 80-100% (Oldham et al., 1995;   McGlashan et al., 2000; Zanarini et al., 1998a; Zimmerman & Mattia, 1999)
Essstörungen(2) ca. 53% (Zanarini et al   1998a)
AD(H)S 15-50% (Philipsen et al.,   2008, Bohus)
PTBS(3) 23-47% (Oldham et al., 1995;   McGlashan et al., 2000; Zanarini et al., 1998a).
Zwangsstörungen 31-48% (Oldham et al., 1995;   McGlashan et al., 2000; Zanarini et al., 1998a).

(1) Die Symptome einer Borderline-Depression unterscheiden sich teilweise deutlich von denen einer Major Depression (Moser u. v. Zeppelin 2004, Rohde-Dachser).
(2) Bei Esströungen ist Bulimie am häufigsten als Borderline-Komorbidität aufgefallen (26%) (Zanarini et al. 1998a)
(3) PTBS = Posttraumatische Belastungsstörung

Häufig treffen auch andere Persönlichkeitsstörungen als Komorbidität auf.

ängstlich-vermeidende   PS 43-47% (McGlashan et   al., 2000; Zanarini et al., 1998b)
dependente PS 16-51% (McGlashan et al.,   2000; Zanarini et al., 1998b)
paranoide PS 14-30% (McGlashan et al.,   2000; Zanarini et al., 1998b)
narzisstische   PS ca. 16% (Zanarini et al.,   1998b)
histrionische   PS ca. 15% (Zanarini et al.,   1998b)

Hier mag überraschen wie selten Borderline zusammen mit der narzisstischen PS nachgewiesen wurde. In vielen Büchern wird die Komorbidität, oder zumindest Narzisstische-Strukturen höher bewertet. In der mir vorliegenden Literatur jedoch ohne Angabe von Quellen oder empirischen Studien.

Sozialverhalten:

Borderline: Sozialverhalten
Borderline: Sozialverhalten

Mit 16,3% zeigen Borderliner weniger antisoziales Verhalten als der Gesamtdurchschnitt der Bevölkerung (18,1%) (Dulz-Schneider 1999). Das mag etwas erstaunen, da Ex-Partner von Borderliner dies oft anders wahr nehmen und es somit nicht in das gängige Bild des bösen Borderliners passt, doch es könnte einer der Gründe sein warum man Borderliner häufig in sozialen Berufen findet.

 

 

Weitere Zahlen:

80%  der Betroffenen greifen auf eine Form von selbstschädigendem Verhalten zurück (beinhaltet SVV) (Bohus).

Hohe Suizidrate von 5-10% (Jerschke et al. 1998; Grüttert, 200;Rotehnhäusler et al. 1999)

60-75% Unternehmen einen oder wiederholte Suizidversuche (Bohus, Gunderson, 1984)

 

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Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)

Vortrag von Prof.Martin Bohus

 

 

 

 

 

Borderline: Spiegelung – was ist dieses „spiegeln“ bei Borderline

Wenn man über Borderline liest wird man unweigerlich irgendwann auf den Begriff „Spiegeln“ stoßen. Häufig bleibt man jedoch dabei im Unklaren was sich hinter dem Begriff verbirgt. Das hat zum einen damit zu tun, dass Spiegeln ein Begriff ist, der in vielerlei Hinsicht verwendet wird. So wird der Begriff Spiegeln  in der Psychologie, laut Wikipedia, in mindestens vier Bereichen in jeweils eigenem Sinn gebraucht:

  • in der psychoanalytisch orientierten Gruppenanalyse und Supervision
  • in der Humanistischen Psychologie von Carl Rogers
  • in der Theorie des Narzissmus von Heinz Kohut
  • in der psychologisch-spirituellen Transformationslehre
Borderline: Spiegelung
Borderline: Spiegelung, Verwechslung, Übertragung

Spiegeln beschreibt aber auch einen Effekt, der mit Wahrnehmung zu tun hat. Wenn man mit einem Menschen in Kontakt tritt, erhält man eine Vielzahl von Botschaften, die wir bewusst oder unbewusst wahrnehmen können. Teilweise handelt es sich dabei um Dinge, die uns aktiv vom Gegenüber mitgeteilt werden. Zu einem anderen Teil handelt es sich um Eindrücke die wir selbst wahrnehmen. Genau hier greift das Spiegeln, wie es im Zusammenhang mit Borderline häufig verwendet wird.

Dabei beschreibt Spiegeln das Phänomen, dass wir in unserem Gegenüber eigene Anteile erkennen. Je nachdem wie die Person auf uns wirkt, nehmen wir dabei unsere eigenen Defizite, oder eigene Wünsche/Bedürfnisse wahr.

Beispiel:

Wenn ich ein eher schüchterner Mensch bin und nehme eine Person wahr, die sich sehr offen und Kontaktfreudig zeigt, erkenne ich dabei mein eigenes  „Über-Ich“. In meiner Idealvorstellung hätte ich gerne die Offenheit und Kontaktfreude meines Gegenübers. Es wird mir also meine Idealvorstellung von mir selbst gespiegelt und macht mir dabei mein eigenes Defizit in dem Bereich bewusst.

Anderes Beispiel:

Wenn ich mich unbewusst hilflos fühle und mich nach Geborgenheit sehne, kann es durch Spiegelung passieren, dass ich dies auch verstärkt in meinem Gegenüber wahrnehme. Wenn ich dann meinem Gegenüber Hilfe und Geborgenheit biete, kann es also sein, dass ich meine eigene Hilfsbedürftigkeit und den Wunsch nach Geborgenheit bedienen will.

Von Spiegeln spricht man in dem Zusammenhang, wenn ich eigene Anteile in meinem Gegenüber erkenne, ohne dass mir dies aktiv vermittelt wird. Spiegelung hat also immer mit der eigenen Wahrnehmung zu tun.

Gerade wenn man sich zu verlieben beginnt, kommt es häufig zu Spiegelung. Dies bewirkt zum Beispiel, dass man so viele Gemeinsamkeiten mit dem Gegenüber zu erkennen glaubt. Diese Gemeinsamkeiten können natürlich auch tatsächlich vorhanden sein, doch relativ häufig handelt es sich dabei um Spiegelung.

Auch wenn Spiegelung also etwas ist, auf das jeder Mensch in gewisser Weise zurückgreift, hat sie bei Borderlinern eine besondere Bedeutung. Aufgrund der brüchigen „Ich-Struktur“ von Borderline-Betroffenen haben Borderliner häufig eine gestörte Selbstwahrnehmung. Sie sind nicht fähig eigene Anteile in sich wahr zu nehmen. Darum sind sie auf andere Menschen angewiesen die sie spiegeln. Durch die Spiegelung erreichen sie also einen Bezug zu sich selbst.

Aus diesem Grund kann Gruppentherapie für Borderline-Betroffene äußerst wirkungsvoll sein, auch wenn man sich vielleicht aufgrund einer vorhandenen Sozialphobie vor Gruppenarbeit scheut.

Gerade zu Beginn meiner Therapie war Gruppen-Therapie für mich wichtig um verstehen zu können was in mir vor sich geht. Mir hat Gruppenarbeit also sehr geholfen, was jedoch nicht auf jeden Betroffenen zutreffen muss.

Ein Borderliner, der von seinem Gegenüber die Dinge gespiegelt bekommt, die seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse entspricht, wird diese Person anziehend finden. Anders herum kann sich der Betroffene, aufgrund seiner fehlenden Ich-Struktur, perfekt auf sein Gegenüber einstellen und bietet sich somit seinem Gegenüber als perfekter Spiegel an. Dieser Umstand sorgt dafür das die Partner auf den ersten Blick perfekt zueinander passen scheinen.

Was es schwierig macht Spiegelung verstehen zu können, hängt zu einem großen Teil damit zusammen, dass es verschiedene andere Mechanismen gibt, die dem Spiegeln sehr ähneln.

Es könnte sich um Übertragung handeln.

Von Übertragung spricht man, wenn ich in meinem Gegenüber alte Muster aus meiner Kindheit erkenne und somit Gefühle oder Erwartungen in mir ausgelöst werden, die nichts mit meinem Gegenüber zu tun haben. Vielmehr erkenne ich dabei meine Eltern wieder und reagiere unbewusst mit meinem Verhalten auch so, wie ich auf meine Eltern reagieren würde. Man spricht entweder von positiver, oder negativer Übertragung, je nachdem wie ich die Situation mit Kindheitserinnerungen in Verbindung bringe.

Beispiel:

Ich erkenne unbewusst bei meinem autoritären Vorgesetzten wenn er mich kritisiert meine Mutter wieder und reagiere deswegen mit kindlichem, überzogenem Autonomieverhalten. Oder mit Unterwürfigkeit.

Oder:

Ich habe in meiner Kindheit von meinem Vater wenig Aufmerksamkeit erhalten und suche deswegen in meinem Partner nach der Anerkennung die er mir verweigerte.

 

Während es bei der Übertragung immer um Erfahrungen aus der Kindheit handelt, gibt es noch die Möglichkeit, Verhalten oder Persönlichkeitsmerkmale anderer Personen im Gegenüber wahrzunehmen. In diesem Fall sprachen meine Therapeuten von Verwechslung. Verwechslung kann sowohl durch äußere Reize, als auch durch Verhalten ausgelöst werden. Je nachdem wie ich die andere Person in Erinnerung habe, löst die Verwechslung entweder gute, oder negative Emotionen in mir aus. Diese Emotionen stehen jedoch nicht unmittelbar mit meinem Gegenüber im Zusammenhang, sondern entsprechen meiner vorbelasteten Erinnerung.

Beispiel:

Jemand mit einer auffallenden Brille hat mich schlecht behandelt. Wenn ich auf eine andere Person treffe die eine ähnliche Brille trägt, reagiere ich abwehrend oder aggressiv.

Oder:

Ich wurde in Vergangenheit von einer Ex-Partnerin betrogen. Wenn ich eine neue Beziehung eingehe unterstelle ich meiner neuen Partnerin, dass sie mich betrügt, obwohl es dafür keine erkennbaren Anzeichen gibt.

Oder im positiven Sinne:

Ich treffe auf eine Frau die mich an eine Ex-Partnerin erinnert, die ich sehr geliebt habe.

Neben Spiegelung, Übertragung und Verwechslung können noch andere Mechanismen die Wahrnehmung beeinflussen. Zum Beispiel die Abwehrmechanismen Projektion und projektive Identifikation.

Häufig glaubt man, wenn sich die Spiegelung als unzutreffend erweist, getäuscht worden zu sein. Dies muss jedoch nicht immer der Realität entsprechen, da ich durch Spiegelung mit meinen eigenen Anteilen konfrontiert werde.

Aldo Berti hat das, was bei der Spieglung tatsächlich passiert in seinen Spiegelgesetzen schön zusammengefasst:

1. Spiegel-Gesetz
Alles was mich am anderen stört, ärgert, aufregt oder in Wut geraten lässt und ich anders haben will, habe ich selbst in mir. Alles, was ich am anderen kritisiere oder sogar bekämpfe und verändern will, kritisiere, bekämpfe oder unterdrücke ich in Wahrheit in mir und hätte es gerne anders.

2. Spiegel-Gesetz
Alles, was der andere an mir kritisiert, bekämpft und verändern will und ich mich deswegen verletzt fühle, so betrifft es mich – ist dies in mir noch nicht erlöst. Meine gegenwärtige Persönlichkeit fühlt sich beleidigt – der Egoismus ist noch stark.

3. Spiegel-Gesetz
Alles was der andere an mir kritisiert und mir vorwirft oder anders haben will und bekämpft und mich dies nicht berührt, ist es sein eigenes Bild, sein eigener Charakter, seine eigenen Unzulänglichkeiten, die er auf mich projiziert.

4. Spiegel-Gesetz
Alles, was mir am anderen gefällt, was ich an ihm liebe, bin ich selbst, habe ich selbst in mir und liebe dies im anderen. Ich erkenne mich selbst im anderen – in diesen Angelegenheiten sind wir eins.

 

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Borderline-Spiegel: Der Schmerz

 

Borderline: Unterschied männlich – weiblich

Ein Leser hat über die Feedbackseite den Wunsch geäußert, dass ich einmal auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern eingehe. Darüber wollte ich schon lange schreiben, der Hinweis gab mir den nötigen Antrieb dafür mich mit dem Thema mehr zu beschäftigen.

Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern.
Der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern.

Nachtrag: Beim jährlich stattfindenden bundesweiten Borderline-Trialog in Ansbach war diesmal das Thema: Borderline bei Männern & Jungs – ein kleiner aber feiner Unterschied. Ich habe das erste mal dort teilgenommen und habe deswegen neue Informationen die ich nun auf diese Seite einfließen lassen werde. Dr. Stefan Röpke, Leiter des Bereichs Persönlichkeitsstörungen bei der Charité Berlin referierte zu dem Thema und brachte für mich teilweise neue Erkenntnisse mit.

Wenn man die nackten Zahlen der Statistiken betrachtet, dann könnte man den Eindruck gewinnen, Borderline sei eine Krankheit an der überwiegend Frauen leiden. Ein weibliches Phänomen also. Studien die bei klinischen Stichproben gewonnen wurden zeigen auch tatsächlich deutliche Geschlechtsunterschiede. Man geht lt. diesen Studien von einem deutlichen Übergewicht von 70% weiblichen Borderlinern aus.

Eine andere Studie von Grant zeigte jedoch keine wesentlichen Unterschiede. Prof. Dr. Faust schreibt von Studien die von einem Verhältnis 2:3 bezüglich Männer zu Frauen sprechen. Es gibt auch Meinungen die von einem Verhältnis 50:50 sprechen. Letztendlich ist keine diese Hochrechnungen repräsentativ.

Das einzige was sicher gesagt werden kann: In klinischer Behandlung sind Frauen mit fast ¾ der Betroffenen deutlich in der Überzahl. Die Ursachen dafür sind unklar. Häufig liest man den Satz:

Borderline-Patientinnen kommen eher in eine ambulante oder stationäre psychotherapeutische Betreuung, Borderline-Männer fallen häufiger juristisch auf und kommen eher ins Gefängnis oder in forensische Einrichtungen.

Jedoch gibt es auch für diese These keinen wirklich repräsentativen Beleg, was allein schon darauf zurückzuführen ist, dass man bei kleineren Straftaten selten nach psychischen Störungen sucht.

Dr. Röpke brachte jedoch Zahlen mit, die diese Aussage  jedoch zu bestätigen scheinen. Er stellte jedoch auch klar das es sich dabei jedoch meist nicht um Straftaten handelt, bei denen sich die Betroffenen einen Vorteil verschaffen wollen, sondern eher um Kollateralschäden bei selbstschädigendem Verhalten.

Fakt ist, das sich männliche Borderliner seltener in Behandlung begeben. Warum das so ist, lässt sich nur vermuten. Vielleicht hängt es mit einem veralteten Gesellschaftsbild zu tun, in dem ein Mann, als Versorger, es sich weniger leisten kann eine Schwäche einzugestehen.

Es ist nicht nur so das sie sich deutlich weniger in Behandlung begeben, die Abbruchrate von begonnenen Therapien ist im vergleich mit betroffenen Frauen auch wesentlich höher. Eine Ursache dafür könnte das relativ hohe Vorkommen narzisstischer und antisozialer Persönlichkeitsstörungen als Komorbidität bei Männern sein. Ausserdem haben Borderlinemänner häufiger komorbidie Suchterkrankungen, die Ursache für einen möglichen Therapieabbruch sein können.

In den Jahren habe ich die Bekanntschaft von vielen Borderlinern (sowohl männlich, als auch weiblich) gemacht. Jeder von ihnen ging individuell mit der Störung um. Es gibt den typischen Borderliner nicht. Aus diesem Grund kann es auch nicht den typischen männlichen, oder typisch weiblichen Borderliner geben. Es gibt jedoch kleine Auffälligkeiten.

Sowohl Mann als auch Frau kennen die frei flottierenden Ängste, die meist der Auslöser für dysfunktionales Verhalten sind. Es gibt jedoch auffallend geschlechtsspezifische Unterschiede wie die Betroffenen mit diesen Ängsten umgehen.

  •  Männliche Borderliner neigen eher zu Aggression, leben ihre Wutausbrüche deutlicher aus neigen häufiger zu Hochrisikoverhalten.
  • Männliche Borderliner zeigen eine deutlich höhere Impulsivität.
  •  Selbstverletzung kommt bei beiden etwa gleichhäufig vor, doch männliche Borderline achten mehr darauf ihre Verletzungen zu verbergen, während weibliche Betroffene sich häufig sichtbar verletzen.
  •  Sehr deutlich werden die Unterschiede bei dem Abwehrmechanismus Reaktionsbildung: Männer können mit Wut deutlich besser umgehen und wandeln Trauer häufig in Wut um, während Frauen sich deutlich häufiger in die Trauer flüchten und sich Wut nicht zugestehen.
  •  Meiner Einschätzung nach ist der Wunsch es allen Recht zu machen und sich anzupassen bei weiblichen Betroffenen spürbar häufiger wahr zu nehmen.
  •  Weibliche Betroffene haben häufiger Probleme mit ihrem Körper, Sexualität und Nähe, meist aufgrund sexueller Übergriffe in der Vergangenheit.
  •  Männliche Borderliner neigen häufiger dazu sich gegen Autoritäten aufzulehnen.
  • Weibliche Borderliner weisen lt. Dr. Röpke eine deutlich höhere Symptomausprägung auf.
  • Weibliche Borderliner zeigen wesentlich häufiger dissoziative Symptome.
  • Unterschiede auch bei Komorbiditäten: Borderlinerinnen leiden häufig zusätzlich an affektiven Störungen, wie Depressionen, erkranken häufiger an einer PTBS und neigen wesentlich häufiger dazu Essstörungen zu entwickeln. Männliche Borderliner habene eine wahrnehmbar höhere Komorbiditätsrate mit der Narzisstischen und Antisozialen Persönlichkeitsstörung und greifen häufiger auf Substanzmissbrauch zurück.

Diese Unterschiede sind jedoch nicht verbindlich auf die Geschlechter festzulegen. Es handelt sich lediglich um Tendenzen die geschlechtsspezifisch häufiger auftreten. Die Erziehung und das Umfeld in dem Borderliner aufwachsen hat darauf einen entscheidenden Einfluss.

Was eine wirkliche Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Borderlinern nahezu unmöglich macht ist die Tatsache, dass die BPS selten alleine auftaucht. Meist tritt Borderline mit Komorbiditäten (Begleiterkrankungen), wie z.B. Depressionen auf, was natürlich das Verhalten ebenfalls stark beeinflusst. Dieser Umstand macht auch eine fundierte Borderlinediagnose schwierig.

Je länger Borderliner in Behandlung sind, umso schwieriger wird es Unterschiede festzustellen, da die oben genannten Auffälligkeiten weniger mit der Borderline-Störung selbst, sondern eher mit den verschiedenen Abwehrmechanismen, oder Konditionierungen zu tun haben. Es ist also leichter zwischen „reflektierten“ und „nicht reflektierten“ Borderlinern zu unterscheiden.

 

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Therapieformen bei Borderline

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Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)

Vortrag von Prof.Martin Bohus

 

Borderline und ADHS

Die Abkürzung ADHS Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung, im Volksmund auch ADS genannt für Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit und ohne Hyperaktivität.

ADHS ist eine ernst zu nehmende Störung und ist mittlerweile die am häufigsten diagnostizierte psychiatrische Störung im Kindes- und Jugendalter. Man geht von ca. 3-10% von ADHS-Betroffenen mit oder ohne Hyperaktivität aus.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse weisen daraufhin, dass es sich bei ADHS um eine Funktionsstörung im Stirnhirnbereich und einiger Stammganglien handelt. Spezialuntersuchungen haben gezeigt, dass bei ADHS-Kindern das Stirnhirn weniger oder kaum Glucoseverbrauch zeigt (Unterfunktion der Arbeitsintensität). Die Funktionsstörung beruht auf der Ebene der Neurotransmitter (Botenstoffe z.B. Dopamin, Noradrenalin, Serotonin), die entscheiden, ob der Betroffene hypo- oder hyperaktiv ist. (wörtlich zitiert aus: ADHS Deutschland e.V.)

ADHS kommt selten allein.

65% von ADHS-Erkrankten erfüllen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung. Erwachsene ADHS´ler  zeigen dabei am häufigsten (ca. 30%) Anzeichen einer Clusters-B Persönlichkeitsstörung (Barkley et al., 2008).

Mehr als auffallend häufig kommt die Antisoziale Persönlichkeitsstörung (auch Dissoziale PS oder veraltert auch Psychopathie genannt) als Komorbidität vor. Bis zu 25% der ADHS-Erkrankten leiden auch an dieser Störung (Quellen: Manuzza, 1997 und Biederman, 2004. J Clin Psychiatry)

Da sich die Symptome von Borderline und ADHS in vielen Punkten zu gleichen scheinen wird angenommen, dass viele ADHS-Betroffene fälschlicherweise eine Borderline-Diagnose aufweisen. Andersrum kommt dies seltener vor. Problematisch ist diese Fehldiagnose vor allem deswegen, da die Behandlungen der beiden Störungen äußerst unterschiedlich ist. Vor allem wenn Medikamente verabreicht werden ist dies gefährlich. (Quelle: Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie )

Geschätzte 15% aller ADHSler erfüllen Kriterien einer Borderline-PS, ähnlich hoch ist die Prävalenz einer ADHS bei Patienten mit Borderline-PS (Philipsen et al., 2008)

Um eine bessere Differenzialdiagnose für ADHS zu ermöglichen wird es in der geplanten Revision von DSM V (2013) und ICD11 (2015) zu deutlichen Änderungen der Diagnosekriterien kommen. (Quelle: Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy)

Wie erwähnt gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Borderline und ADHS. Im folgenden sind das:

  • Aufmerksamkeitsprobleme
  • Probleme in der Affektregulation
  • Probleme der Impulskontrolle
  • Substanzmissbrauch
  • Gestörte Beziehungsgestaltung
  • Geringes Selbstwertgefühl
  • aversive Spannungsgefühle

 Es gibt jedoch deutliche Unterschiede zwischen Borderline und ADHS, was eine Differenzialdiagnose (Unterschiedliche Diagnose) möglich macht:

Der ADHS-Erkrankte weißt zusätzlich noch folgende Symptome auf:

  • Das für ADHS charakteristische Aufmerksamkeitsdefizit.
  • Desorganisation
  • Hyperaktivität

Borderliner weisen diese Symptome meist nicht auf, es sei denn es liegt ADHS als Komorbidität vor.

Dafür leiden Borderliner noch an folgenden Symptomen die wiederum ADHS-Betroffene nicht aufweisen:

  • Selbstschädigendes, Selbstdestruktives Verhalten
  • Eine Hohe Suizidität (sowohl Ausführung als auch Androhung)
  • Eine deutlich wahrnehmbar gestörte Identität (Fehlendes ICH).

 Neurobiologisch/Psychopathologisch sind die Unterschiede noch deutlicher:

bei Borderlinern:

  • Störungen innerhalb des fronto-limbischen Netzwerks.
  • vermehrte Amygdalaaktivität.
  • verminderte präfrontale Hemmung
  • strukturelle ZNS-Veränderungen

bei ADHS:

  • Störungen in fronto-subkortikalen Systemen
  • Volumenreduktion im frontalen Kortex, Kleinhirn
  • Störungen der dopaminergen und serotonergen Signalübertragung

(Quelle: Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy)

Da ich bei ADHS nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann stammen die Ausführungen auf dieser Seite aus Recherchen und Fachliteratur. Bei widersprüchlichen Aussagen habe ich die am häufigsten vertretene Meinung verwendet. Um zu zeigen, dass die genannten Aussagen nicht von mir stammen, habe ich sie mit der jeweiligen Quellangabe versehen.

Da ich wie erwähnt wenig über ADHS weiß, verzichte ich auch auf eine Beschreibung wie sich die Störung als Komplementärstörung mit Borderline verhält, auch wenn ich sie, vollständigkeitshalber unter den Komplementärstörungen aufnehme. Es ist kein Anspruch keine eigenen Vermutungen als Fakten auszugeben.

 

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Weitere Links zum Thema (ausserhalb von Grenzwandler.org):

Prof.Dr.Faust: Die Borderlinepersönlichkeitsstörung (BPS)

Folien der ADHS-Messe Schön Kliniken Dr. R. Murphy: ADHS im Erwachsenenalter und Borderline PS

ADHS Deutschland e.V.